Zeitschrift für Theologie, geistliches Leben und christliche Kultur
Ekklesia: von Kirche und Gemeinde
Bischof Dr. Roald Nikolai Flemestad
Wenn wir die Begriffe "Kirche " oder " Gemeinde " benutzen, um das christlichsoziale Leben zu beschreiben, müssen wir berücksichtigen, dass keines dieser beiden Wörter ein ursprünglich biblisches ist. Es handelt sich in beiden Fällen um Begriffe, die im Laufe der Zeit gewachsen sind. Beide Termini gehen auf ein einziges paulinisches Wort zurück: „ekklesia ". Die wörtliche Übersetzung lautet in beiden Fällen "Versammlung ".
Im Neuen Testament wird das Wort " Ekklesia ", vor allem mit den paulinischen Schriften und den Gemeinden im Umkreis des Apostels verbunden. Paulus wiederum übernahm den Terminus aus der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes, wo " Ekklesia " im Sinne von " öffentlicher Versammlung " verwendet wird, um den hebräischen Ausdruck " qahal " in der Bedeutung von „Israel als Gottes auserwähltes Volk“ (Gen. 19.06, Deut. 7.06) zu übersetzen. Um den neutestamentlichen Wortgebrauch zu verstehen, ist es wichtig zu beachten, dass der Apostel den Begriff offensichtlich in unterschiedlichen Kontexten verwendet. "Gottes ekklesia " kann sich als Adressat seines Briefes (1 Kor 1,2) auf eine
Einzelgemeinde, oder aber auch auf die ganze Kirche beziehen (1. Thess 2,14; Gal 1,13 ; 1 Kor 15,9). Ebenso charakterisiert Paulus ganz allgemein die Christen mit der Phrase "Gottes ekklesia" als drittes Menschengeschlecht neben Juden und Heiden
(1 Kor 10,32). Darüber hinaus ist das Wort " Ekklesia " sowohl auch im Sinne von "der konkreten Gottesdienstgemeinde" (1. Korinther 11.18, 1. Tim 3,15), als auch im Sinne des eschatologischen Gottesvolkes (Apostelgeschichte 20,28) zu verstehen.
Die Wortfülle des Begriffes " Ekklesia " lässt den Terminus als wage erscheinen. Da wir in unseren Bibelübersetzungen differenziert mal von Kirche, mal von Gemeinde hören, wird der Lesefluss zwar erheblich erleichtert, allerdings kann hierbei auch ein Raum für ernsthafte Missverständnisse entstehen. Dies wäre z.B. der. Fall wenn unsere Übersetzung von " Ekklesia " - je nach Kontext - zwischen "der Kirche als Ganzes" und "der Ortskirche" nicht mehr zu unterscheiden wäre. Aus dem Begriff Kirche lässt sich zwar die „Gemeinschaft“ erschließen, nicht jedoch, was diese „Versammlung“ zusammenführt und hält. Ist die eine Kirche also nur die Summe der unterschiedlichen Teilkirchen oder Kirchengemeinden?
Um dieses Problem zu lösen, könnte man am einfachsten auf den
„Kongregationalismus“ zurückgreifen. Dies bedeutet, dass unabhängige
Gemeinden, wann und wo auch immer sie dies wollen, miteinander in
Gemeinschaft treten. Eine andere Lösung wäre es, die örtliche Kirche als eine Art Unterabteilung in Bezug auf eine zentrale Behörde zu verstehen. Die Einheit der Kirche würde sich dann, durch Vereinsvorschriften vereint, als die Summe der verschiedenen Geschäftsbereiche entpuppen. Dies wäre einer Großbank im
Verhältnis zu ihren Filialen vergleichbar.
Dies ist jedoch nicht das paulinische Verständnis des kirchlichen Lebens. Wenn der Apostel genau das gleiche Wort, sowohl für die „ganze Kirche“, als auch für die „Ortskirche“ verwendet, dann ist es nicht angemessen „die Kirche“ als Abteilungen zu definieren. Der gemeinsame Begriff „Kirche“ impliziert immer schon die Einheit, welche an verschiedenen Orten in Form von vielen lokalen Kirchen, die alle Träger der gleichen spirituellen Fülle sind, zum Ausdruck kommt. Durch die gleiche Identität kommt in allen Ortskirchen, in der Leistung aller Ortsgemeinden die weltweit existierende Kirche zum Vorschein. Es ist nicht die Summe der Teile, die das Ganze formt, die Ganzheit, die Universalität der Kirche, zeigt sich dadurch, dass jeder Teil für sich und alle Teile zusammen, die „Ekklesia Gottes“, das auserwählte Volk des neuen Bundes manifestieren.
AUF DEM WEG ZUR EINHEIT
ROAD TO UNITY
Von Br. Friedrich Hartmann & P. Gerhard Seidler OPR
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Eine HINFÜHRUNG zu den „gemeinsamen Texten des orthodox-altkatholischen Dialogs“, einem Grundlagendokument unserer Kirche.
Die Christ-Katholische Kirche in Deutschland und die Nordisch-Katholische Kirche orientieren sich an der Lehre und Praxis der „Alten Kirche“ (d.h. an den ökumenischen Konzilien und den Kirchenvätern) und zählen zu den Altkatholischen Kirchen der Union von Scranton. Diese Ausrichtung führt dazu, dass der „Weg zu Einheit und Gemeinschaft im Glauben und im Leben der Kirche“ am aussichtsreichsten erscheint mit der anglikanischen, den orthodoxen und anderen altkatholischen Kirchen.
Unsere Mutterkirche die Polish National Catholic Church (PNCC) war nicht nur Mitunterzeichnerin der Texte der Gemischten Orthodox – Alt-katholischen Theologischen Kommission, sondern hat sich diese in ihrem ekklesiologischen Selbstverständnis ganz zu eigen gemacht und diese Identität an ihre Tochterkirchen in der Union von Scranton weitergegeben:
1975 und 1987 markieren Anfang und Ende dieser Gespräche. Getagt wurde dabei im Orthodoxen Zentrum des ökumenischen Patriarchats in Chambésy bei Genf, in Bonn, in Zagorsk und Moskau, in Amersfoort und in Kavala (Griechenland). Die ekklesiologischen Themenbereiche wurden 1977/1983 in Chambésy, 1979 in Bonn und 1981 in Moskau behandelt. Die Verhandlungspartner waren von orthodoxer Seite her das Ökumenische Patriarchat, das Patriarchat von Alexandrien, das Patriarchat von Jerusalem, das Patriarchat von Moskau, das Patriarchat von Rumänien, das Patriarchat von Bulgarien, die Kirche von Zypern, die Kirche von Griechenland. Bei einigen Treffen waren auch das Patriarchat von Serbien, die Kirche von Finnland und Georgien anwesend. Die Alt-Katholischen Kirchen waren vertreten durch: die Kirche von Holland, die Kirche von Deutschland, die Kirche der Schweiz, die Kirche von Österreich und die Kirche von Polen, die bei der ersten Sitzung auch die Kirche der USA und von Kanada vertreten haben. Bei den folgenden Treffen war die Kirche der USA und von Kanada, sprich die PNCC, selbst vertreten.
Bemerkenswert ist durch die Einwurzelung der altkatholischen Kirchen in die katholische Tradition des Westens die ganz besondere Beziehung zur römisch– katholischen Kirche. Bedauerlicherweise behindern theologische, historische und psychologische Gründe einen unbelasteten Dialog und so sind die Annäherungen mühevoll und manchmal auch schmerzhaft.
Die angestrebte Einheit kann nur Gnadengabe sein, um die der Mensch zu bitten hat. Bereits 1871 und vor der Konstituierung von altkatholischen Kirchen (als Konsequenz der Ablehnung der beiden Papst–Dogmen zur Unfehlbarkeit „Infallibilität“ und der Vorrangstellung des römischen Bischofs – „Jurisdiktionsprimat“ des I. Vatikanischen Konzils) formulierte der (Alt) Katholiken–Kongress in München eine programmatische Erklärung:
„Wir hoffen auf eine Wiedervereinigung mit der griechisch–orientalischen und russischen Kirche, deren Trennung ohne zwingende Ursachen erfolgte und in keinem unausgleichbaren dogmatischen Unterschied begründet ist. Wir erwarten unter Voraussetzung der angestrebten Reformen und auf dem Wege der Wissenschaft und der fortschreitenden christlichen Cultur allmählich eine Verständigung mit den protestantischen und den bischöflichen Kirchen.“
Ziel dieser Überlegungen sind die Gemeinschaft und Einheit der Kirchen. Dies sind nicht zwei verschiedene Dinge, sondern ein und dasselbe, denn die Einheit wird verstanden als volle Gemeinschaft und nicht als eine zentrale Einheits–Organisation.
Bei der so lange andauernden Auseinanderentwicklung von Ost– und Westkirche greifen die Verfahren bei der Beilegung von Kirchentrennungen der Alten Kirche nicht mehr. Es geht vielmehr um die Erprobung der Fähigkeit, den Inhalt des gemeinsamen Glaubens auch gemeinsam zu formulieren.
Der russisch orthodoxe Erzbischof von Brüssel und Belgien Wassilij Kriwoschein gab im letzten Quartal des letzten Jahrhunderts Folgendes zu bedenken:
„Die Tendenz, alles zu definieren und alle Glaubensgegenstände genau zu formulieren, verletzt das wesentliche Prinzip der theologischen und kirchlichen Freiheit in der Einheit und der Liebe.“ Es gibt aber auch die Notwendigkeit, in bestimmten Situationen offizielle Stellung über
Glaubenlehren abzufassen. Derartige Dogmendefinitionen sind nicht systematische Wahrheitsformulierungen, sondern Zeichen und Hinweise, die auf Christus – die Wahrheit – hinzeigen mittels historischer und kultureller Formen einer bestimmten Zeit und eines bestimmten Ortes. So sind Dogmen in erster Linie soteriologische Aussagen, die der Gemeinschaft der Kirche helfen, die rechte Sicht Christi, der Wahrheit, zu bewahren und in und durch diese Gegenwart der Wahrheit in der Geschichte zu leben.
(Diese einleitenden Gedanken beziehen sich auch auf das Werk „Koinonia auf altkirchlicher Basis, Deutsche Gesamtausgabe der gemeinsamen Texte des orthodox-altkatholischen Dialogs 1975-1987, herausgegeben von
IKZ, Urs von Arx)
Inhalt des Weges zur Einheit:
1.) Die Gotteslehre (Die göttliche Offenbarung und ihre Überlieferung; den Kanon der Heiligen Schrift und die Heilige Dreifaltigkeit)
2.) Die Lehre von Jesus, dem Christus, also die Christologie (Die Menschwerdung des Wortes Gottes; die hypostatische Union, Maria im Heilsplan Gottes)
3.) „Vom Wesen und den Eigenschaften der Kirche (Grundlagen der Ekklesiologie)“ mit folgenden Abschnitten:
Wesen und Eigenschaften der Kirche: hier werden die vier dogmatischen
Grundaussagen über Kirche zusammengefasst und hervorgehoben, dass alle diese
Aussagen sich gegenseitig durchdringen. Die Aussagen: „Die Kirche ist eine“, sie ist „heilig“, „katholisch“ und „apostolisch“ werden dabei näher ausgeführt
Dem Traktat über die Einheit der Kirche und der Ortskirchen, folgen Ausführungen über:
Die Grenzen der Kirche
Die Autorität der Kirche und in der Kirche
Die Unfehlbarkeit (Untrüglichkeit) der Kirche
Die Synoden der Kirche
Die Notwendigkeit der apostolischen Sukkzession
Das Haupt der Kirche
4.) Aussagen über die Soterologie, d.h. über das Erlösungswerk Christi und das Wirken des Heiligen Geistes (Pneumatologie).
5.) Die Lehre von den Sakramenten, Sakramente als Mysterium der Kirchen, im einzelnen um die Taufe, die Firmung, die Eucharistie, die Buße, die Krankensalbung, die Ordination und die Ehe
6.) Die Lehre von der Vollendung (Eschatologie) über Kirche und Endzeit
7.) Kirchengemeinschaft: Voraussetzungen und Folgen
Die Orthodoxen Kirchen (Teil I)
Von Alfons Fischer
Etwas überspitzt kann man den 16. Juli 1054 als Gründungsdatum bzw. Beginn der vom Vatikan unabhängigen und jetzt vollkommen selbstständigen Orthodoxen Kirchen bezeichnen. An diesem Tag legte Kardinal Humbert von Silva Candida als päpstlicher Gesandter auf dem Altar der Hagia Sophia in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, eine Bulle mit der Exkommunikation des Patriarchen Michael Kerullarios sowie weiterer Geistlicher nieder. (Einer der wesentlichen Streitpunkte zwischen Ost-und Westkirche bildet bis heute die Diskussion über das „filioque“, vergleiche dazu „Mitteilungen …) Die endgültige Trennung von Katholischer und Östlicher Kirche erfolgte allerdings erst 1729 als die katholische Kongregation für Glaubensverbreitung die „communicatio in sacris“ zwischen Katholiken und den östlichen Christen verbot. Im Gegenzug erklärten im Jahre 1755 die Patriarchen von Konstantinopel, Alexandrien und Jerusalem die Katholiken für Häretiker. Dem schloss sich später auch das Patriarchat von Antiochien an, das von Moskau jedoch nicht.
Die gegenseitige Exkommunikation wurde jedoch am 07. Dezember 1965 von Papst Paul VI. und dem Ökumenischen Patriarchen Athenagoras aufgehoben.
Struktur der Orthodoxen Kirchen
Die Orthodoxen Kirchen zählen in ihrer Gesamtheit gegenwärtig etwa 300 Millionen Gläubige. Sie sind auf Weltebene damit die drittgrößte Kirchengemeinschaft. Es wird nach kanonischen, autokephalen und autonomen Kirchen unterschieden.
Kanonische Kirchen sind solche, die in voller Gemeinschaft mit dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel sowie den anderen kanonischen Kirchen stehen.
Zu den kanonischen Kirchen gehören:
- das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel (Istanbul),
- das Patriarchat von Alexandria und ganz Afrika,
- das Patriarchat von Antiochia und dem ganzen Osten,
- das Patriarchat von Jerusalem, zuständig für Israel, die Palästinensergebiete und Jordanien,
- das Patriarchat von Georgien,
- das Patriarchat von Bulgarien,
- das Patriarchat von Moskau und ganz Russland, das Patriarchat von Serbien,
- das Patriarchat von Rumänien.
Unter den autokephalen Kirchen versteht man solche Kirchen, die rechtlich und geistlich selbstständig sowie verschiedentlich noch für andere Kirchen zuständig sind und ihr eigenes Oberhaupt wählen.
Zur Kategorie der autokephalen Kirchen zählen:
- das Erzbistum von Zypern,
- das Erzbistum von Griechenland,
- das Erzbistum von Polen,
- das Erzbistum von Albanien,
- das Erzbistum Tschechiens und der Slowakei und die Orthodoxe Kirche Amerikas, deren Autokephalie von der Russisch-Orthodoxen Kirche gewährt wurde. Die anderen autokephalen Kirchen hingegen betrachten die amerikanischen Orthodoxen nur als autonom und nicht autokephal.
Zum Bereich der autonomen Kirchen gehören solche Kirchen, die hinsichtlich ihrer internen Angelegenheiten teilweise selbstständig sind, doch in verschiedenen Angelegenheiten einer autokephalen Kirche unterstehen.
Zu den autonomen Kirchen gehören:
- das Erzbistum des Sinai,
- die Metropolie von Estland, deren Autonomie jedoch derzeit vom Moskauer Patriarchat nicht anerkannt wird,
- das Erzbistum von Finnland,
- das Erzbistum von Japan,
- die Russisch-Orthodoxe Auslandskirche,
- das Erzbistum Ohrid in Mazedonien, dem Autonomie von der Serbisch– Orthodoxen Kirche gewährt wurde.
Zölibat nur für Bischöfe
Die Orthodoxen Kirchen sind hinsichtlich der geistlichen Ämter ebenso wie die Katholischen Kirchen gegliedert. Es gibt das Diakonat, das Presbyterat sowie das Episkopat. Für eine Weihe dazu kommen nur Männer infrage. Eine Verpflichtung zur Ehelosigkeit besteht nur für Bischöfe. Die orthodoxen Bischöfe sind deshalb fast ausschließlich Mönche. Allerdings können auch verwitwete Priester zum Bischof geweiht werden. Nicht zum Zölibat verpflichtet sind Diakone und Priester. Ihre Eheschließung muss jedoch vor der Diakonatsweihe erfolgen. Die Möglichkeit einer zweiten Ehe im Falle des Todes der Ehefrau oder einer Ehetrennung besteht nicht. In der Orthodoxie gibt es auch die sogenannten niederen Weihen für Hypodiakone (Subdiakone) und Lektoren. Ämter ohne sakramentale Weihe sind die des Kantors und Türhüters. Früher gab es in den Orthodoxen Kirchen auch Diakonissen, allerdings ohne Weihe, die bei der Taufe von Frauen assistierten. Doch wurde das Diakonissenamt schließlich abgeschafft. Obwohl es keine Frauenordination gibt, können Frauen bei den Orthodoxen mit Ausnahme des Altardienstes alle anderen kirchlichen Ämter übernehmen, so als Kirchenrätin, Chorleiterin, Lektorin und Religionslehrerin. Die Ehefrau eines Priester nimmt eine besondere Stellung in der Gemeinde ein und wird in Russland „Matuschka“ genannt. Die Priesterfrauen dürfen vor ihrer Eheschließung allerdings nicht geschieden sein. An der Spitze der kirchlichen Hierarchie steht bei den Orthodoxen als Erster unter Gleichen der Patriarch oder der Metropolit. Den Bischöfen unterstellt sind die Priester, die oftmals den Titel eines Erzpriesters haben, sowie die Diakone. Im Unterschied zur Römisch-Katholischen Kirche sind bei den Orthodoxen die meisten Theologen keine Priester sondern Laien. Die Priesterausbildung, die nicht an Universitäten stattfindet, ist nur kurz und mehr auf die Praxis in den Gemeinden bezogen. Was das Mönchswesen anbetrifft, so sind die Mönche im Allgemeinen Laien und keine Priester. Ordensgemeinschaften analog zur Römisch-Katholischen Kirche gibt es nicht. Jedes Kloster ist allein für sich selbstständig. Ein sogenanntes „Bettelmönchswesen“ wie im römischen Katholizismus kennen die Orthodoxen nicht.
Theologie
Die Theologie der Orthodoxen Kirchen ähnelt vielfach der in der RömischKatholischen Kirche. Dies ist dadurch bedingt, dass die katholischen und orthodoxen Kirchenväter dieselben sind, da die Kirchentrennung erst 1054 erfolgte. Dennoch gibt es einige bedeutende Unterschiede. So hinsichtlich der Eucharistie, wo von einer „Veränderung“ von Brot und Wein zwar auch ausgegangen, doch die Bezeichnung Transsubstantiation abgelehnt wird.
Die in der römisch-katholischen Theologie seit dem Mittelalter eingeführten Lehren werden seitens der Orthodoxen verworfen und hier beginnend mit dem Filioque. Die Zurückweisung dieser römisch-katholischen Lehrsätze trifft besonders zu auf die Dogmen des 19. und 20. Jahrhunderts zur unbefleckten Empfängnis Mariens, der leiblichen Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel und der Unfehlbarkeit des Papstes in Sachen des Glaubens und der Moral sowie dessen
Universalepiskopat entsprechend den Beschlüssen des 1. Vatikanums.
Bei alldem ist darauf hinzuweisen, dass Papst Johannes Paul II. der römischkatholisch/orthodoxen Ökumene vielfach Vorrang gab gegenüber der römischkatholisch/protestantischen. Trotz Beharren auf der römisch-katholischen Auffassung hat dies viel zu einer zwischenkirchlichen Klimaverbesserung zwischen Orthodoxen und römischen Katholiken beigetragen.
Gewisse Annäherungen der Orthodoxen Kirchen gab es in den vergangenen Jahren zu den Anglikanern und den Alt-Katholiken. Sie werden jedoch belastet durch Priester- und Bischofsweihen für Frauen sowie die Frage der Ehe oder Segnung von homosexuellen und lesbischen Paaren.
Sakramente
Bei den Orthodoxen Kirchen gibt es wie bei den Katholischen Kirchen sieben Sakramente. Es sind dies
1) Taufe,
2) Versiegelung bzw. Myronsalbung, was der katholischen Firmung entspricht und unmittelbar nach der Taufe erfolgt,
3) Eucharistie,
4) Bußsakrament,
5) Weihesakrament,
6) Ehesakrament und
7) Krankensalbung.
Gottesdienste und Liturgie
Gottesdienste in den Orthodoxen Kirchen sind besonders feierlich und sprechen Herz und Sinne an. Die Geistlichen tragen oft kostbare Gewänder. Die Liturgie dauert länger als in den Gottesdiensten der anderen Kirchen. An den meisten Sonntagen wird die Chrysostomos - Liturgie mit etwa 1 ½ stündiger Dauer gefeiert, an hohen Feiertagen dagegen die sich über ca. 2 ½ Stunden erstreckende BasiliusLiturgie. Außerdem gibt es noch die in der Fastenzeit an den Werktagen zelebrierte Liturgie der vorgeweihten Gaben.
Kalender
Die orthodoxen Kirchen verfahren in der Kalenderfrage unterschiedlich. Etwa die Hälfte von ihnen - so das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel mitsamt der GriechischOrthodoxen Kirche sowie den Bulgarisch-Orthodoxen - richten sich nach dem „Orthodoxen Kalender“, der auch Milankovic-Kalender sowie Neujulianischer Kalender oder Neuer Kalender genannt wird. Er unterscheidet sich nur geringfügig von dem „Gregorianischen Kalender“, der von den Katholischen, Anglikanischen und Evangelischen Kirchen benutzt wird. Die orthodoxen Patriarchate von Moskau und Jerusalem sowie die Orthodoxen Kirchen in Serbien, Polen, Tschechien und der Slowakei beharren hingegen bisher auf dem „Julianischen Kalender“.
Besonderheiten
In den orthodoxen Kirchengebäuden gibt es keine Bänke zum Sitzen. Einige Kirchen – so in der russisch-orthodoxen Kathedrale in Berlin – haben jedoch im hinteren Teil der Kirche an den Wänden Sitzplätze für Alte und Gehbehinderte. Frauen müssen in den Orthodoxen Kirchen eine Kopfbedeckung tragen, während Männer sie beim Eintritt in die Kirche abnehmen. Es ist auch unüblich, dass Frauen eine Kirche mit Hosen anstelle von Kleid oder Rock betreten.
Kreuzzeichen
Das Kreuzzeichen ist in der orthodoxen Liturgie sehr wichtig. Man bekreuzigt sich jedes Mal, wenn die drei Personen der Trinität erwähnt werden, bei der Verehrung des Kreuzes oder einer Ikone sowie bei vielen anderen Anlässen. Die Bekreuzigung erfolgt von der Stirn bis etwa zur Bauchmitte und anschließend von der rechten zur linken Schulter. Beim Bekreuzigen werden Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger zusammengehalten, während Ringfinger und kleiner Finger als Symbol für die zwei Naturen Christi anliegen. Manche orthodoxe Gläubige legen nach dem Kreuzzeichen auch noch die Handfläche auf das Herz.
Kirchliche Heirat Geschiedener
In der Römisch-Katholischen Kirche wird derzeit darum gerungen, wie man künftig mit den Geschiedenen und standesamtlich erneut verheirateten Katholiken umgehen soll. In den Orthodoxen Kirchen ist das kein Problem. Man hat sich pragmatisch entschieden. Es steht also der praktischen Nutzen für alle Beteiligten im Vordergrund. Eine Scheidung und kirchliche Wiederverheiratung orthodoxer Christen ist aus Gründen der „Barmherzigkeit“ möglich. Die Orthodoxen Kirchen erlauben bis zu drei kirchliche Eheschließungen. Die Zeremonie bei einer Wiederheirat ist allerdings verhaltener als bei der ersten Ehe. Vor einer dritten kirchlichen Hochzeit wird vorher ein Jahr „strenger Buße“ vorausgesetzt.
Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel (Istanbul)
Patriarch Bartholomäus I. vom Patriarchat Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, ist das Ehrenoberhaupt und damit Erster unter Gleichen der weltweiten Orthodoxen Kirchengemeinschaft. In der Türkei mit dem Amtssitz des Patriarchen in Istanbul und der St. Georgs-Kathedrale gehören allerdings aufgrund staatlicher Repressionen nur noch wenige Christen zum Patriarchat. Bis 1453 war übrigens die Hagia Sophia, heute Museum und wohl bald Moschee, Mittelpunkt der östlichen Christen.
Zum Amtsbereich des Ökumenischen Patriarchates zählen auch die griechischorthodoxen Christen auf der Halbinsel Athos, auf Kreta sowie der Inselgruppe Dodekanes. Weiter unterstehen dem Patriarchat ebenfalls einige abhängige autonome Teilkirchen wie die Orthodoxe Kirche Finnlands, die Karpatho-Russische Kirche in Amerika, die Ukrainische Autonome Kirche in Amerika, die Autokephale Orthodoxe Kirche in Amerika, das Exarchat der orthodoxen Gemeinden russischer Tradition in Westeuropa sowie die Ukrainische Orthodoxe Kirche in der Diaspora. Für diejenigen christlichen Touristen, die sich in Istanbul nicht gut auskennen, ist es schwierig, zum Patriarchat zu kommen. Taxifahrer und auch Reisebusfahrer kennen angeblich das Patriarchat und seine Adresse nicht und man wird erst mal woanders hingebracht. So wie es dem Schreiber dieses Artikels erging.
Der Amtssitz des Ökumenischen Patriarchates verbirgt sich hinter einer an eine Burgmauer erinnernde Fassade. Nichts deutet auf das Patriarchat und seine Bedeutung hin. Doch plötzlich steht man vor einem mehrstufig hohen Eingang neben einem kleinen Häuschen mit zwei Wachleuten. Diese kümmerten sich jedoch nicht weiter um meine Reisegruppe, und wir gelangten unbehelligt auf das Areal des Patriarchates. Man steht gleich unmittelbar vor der St. Georgs-Kathedrale. Diese ist entgegen ihrer großen Bedeutung innen sehr klein. Die Ikonostase ist goldfarben, sehr eindrucksvoll, doch nicht überladen. Ebenso der Sitz des
Patriarchen in der Kathedrale.
Die türkische Regierung verhält sich gegenüber dem Ökumenischen Patriarchat sehr restriktiv. Das vor mehreren Jahrzehnten staatlicherseits geschlossene Priesterseminar auf der Insel Chalki vor Istanbul darf trotz mehrfacher Zusagen noch immer nicht wiedereröffnet werden. Die Christen sollen bewusst „klein gehalten“ werden. So der Eindruck beim Besuch in Istanbul!
Die Bedeutung des Ökumenischen Patriarchates kann für die Ökumene nicht hoch genug eingeschätzt werden. Alle Patriarchen bemühen bzw. bemühten sich um ein gutes Verhältnis zur Römisch-Katholischen Kirche und den anderen Kirchen. So kam es auch zu Begegnungen zwischen Patriarchen und Päpsten!
Orthodoxes Konzil
Seit 1961 bemühen sich die Orthodoxen Kirchen um die Einberufung eines Konzils zur Klärung vieler anstehender Fragen. So z.B., wie es mit den vielen orthodoxen Jurisdiktionen in den einzelnen Staaten weitergehen soll und ob nur noch eine einzige Jurisdiktion für alle orthodoxen Christen ohne Rücksicht auf ihr Heimatland besser wäre. Dem Vernehmen nach gibt es bezüglich des Konzils Differenzen zwischen dem verhältnismäßig nur wenige Gläubige zählenden Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel und dem mitgliederstarken Moskauer Patriarchat.
Das letzte gemeinsame Konzil aller orthodoxen Kirchen fand 879 in Konstantinopel (Istanbul) statt.
Ende des 1. Teils (Fortsetzung folgt in der nächsten Ausgabe)
Alfons Fischer, Regierungsoberrat i.R.
Ikonen, Bilder Gottes
Von Ottar Myrseth
In der gegenwärtigen anthropologischen Diskussion bezüglich unserer Sicht auf den
Menschen, scheint es ratsam zu sein, einen klaren Blick auf das Wort Gottes in der Offenbarung zu richten: " Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich.“ ( Gen. 1,26) . Der nach dem unauslöschlichen Bilde Gottes geschaffene Mensch ist zu einem Leben in der Gegenwart Gottes, zu einem Leben in Heiligkeit, bestimmt. In der Menschwerdung seines Sohnes, des Gottmenschen Jesus Christus, hat Gott sein „Image“ wiederhergestellt, den gestrauchelten Menschen geheilt: "… und seid zu einem neuen Menschen geworden, der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um ihn zu erkennen. " (Kol 3,9 f) .
Wie ein bildender Künstler hat Gott – um der Formgebung des Menschen willen, in Christus einen Prototyp geschaffen. Auf der Erde sehen wir das himmlische Bild nur als Schatten (Hebr. 10,1), aber wenn wir diesen „Schatten“ anerkennen und ehren, wird er zum Arzt unserer Seele. Wie wir im Wasser der Taufe mehr als nur Wasser und im Brot der Eucharistie mehr als nur Brot sehen können, so können wir auch in unseren Mitmenschen „Symbole Gottes“ erblicken, welche uns auf die himmlische Herrlichkeit verweisen.
Die christliche Predigt erweckt manchmal den Eindruck, als ginge es nur um Worte und nicht um den Menschen. Indem wir die rechte Lehre im Archiv unseres Denkens abheften, kommt das menschliche Sehvermögen ins Ungleichgewicht. Es kommt aber alles darauf an, das es direkt unser Leben betrifft, uns so nah und persönlich anrührt, wie unsere nächsten Angehörigen. Aus diesem Grund brauchen wir Menschen Bilder, um eine Ahnung vom Himmel auf Erden zu erlangen. Das Schöne, was wir mit den Augen sehen, ist genauso wichtig wie das Wahre, was wir mit den Ohren hören.
Die Menschheit, das „Symbol Gottes“ verletzte sich, indem es in den Straßengraben seiner Geschichte stürzte. Daher bedurfte es der Menschwerdung Christi, um das Sakrament Gottes durch die Kirche zu erneuern. Als barmherziger Samariter richtet Jesus den gefallenen Menschen auf, reinigt und heilt ihn, um ihn schließlich in eine sichere Herberge zu führen.
Der christliche Glaube betonnt die übereinstimmende Nähe zwischen Gott und dem Menschen, die Fähigkeit zur gemeinsamen Kommunikation. Der göttliche Arzt kann durch Menschen erfahrbar werden. Die Inkarnation (Gott wird Mensch) ist der wichtigste Ausdruck dieser Korrespondenz.
Die Menschwerdung Gottes ist die Voraussetzung, um das Bild Gottes im Menschen zu erneuern und ihm den Eintritt in das Reich Gottes zu schenken. Deshalb müssen wir Christen den Bildern und Symbolen Raum in unserem Gottesdienst geben, weil Christus das Bild Gottes im Menschen erneuert hat.
In der Menschwerdung Christi tritt uns alle Gnade und Wahrheit des unsichtbaren Gottes entgegen. So vermitteln die Ikonen Aspekte des Heilshandelns Gottes, welche Wörter nicht ersetzen.
Johannes von Damaskus ( um 700 ) schreibt, dass es die Aufgabe der Ikone sei, uns den Himmel zu öffnen, Wörter oder irdische Eindrücke könnten die Himmlische Herrlichkeit nicht derart klar beschreiben, wie es die Bilder vermögen. Die Bilder haben den gleichen Inhalt, dieselbe Bedeutung wie das Evangelium. Deshalb soll die Predigt eine verbale Ikone, und das Bild ein gemaltes Wort sein.
Ottar Myrseth ist Generalvikar der Nordisch-Katholischen Kirche in Skandinavien
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Orthodoxie im westlichen Ritus: Vorstellung der Katholischen Orthodoxen Kirche des Westens
Von Vr. Arne Giewald
Es ist mir eine große Ehre, der Bitte von Pfarrer Klaus Mass nachzukommen und einmal die kleine Orthodoxe Kirche vorzustellen, der ich seit fast 5 Jahren als Priester dienen darf. Es ist die „Katholische Orthodoxe Kirche des Westens“, die ihr Zentrum in Frankreich hat und in Deutschland seit den 1960er Jahren immer wieder an verschiedenen Orten präsent war. Leider aber bis jetzt ohne Kontinuität.
Die Katholische Orthodoxe Kirche des Westens teilt mit der Christ-Katholischen Kirche eine ganze Reihe von gemeinsamen Anliegen und auch ein Blick in die Geschichte verrät so einige Parallelen.
Es fing alles nach dem ersten Weltkrieg an: der römische katholische Priester Louis Winnaert aus der Diözese von Versailles trennte sich aufgrund der damals herrschenden Hysterie gegen vermeintliche oder wirkliche Modernisten von der Römischen Kirche. Nach einem kurzen Zwischenspiel als reformierter Pastor, gründete er eine eigene romfreie katholische Gemeinschaft, die „Eglise catholique evangelique“ („Evangelische Katholische Kirche).
Im Laufe der Jahre näherte sich diese kleine Gemeinde der Ostkirche sehr stark an, so dass diese Gemeinde im Jahre 1936 vom damaligen Patriarchat von Moskau unter dem Namen „Abendländische Orthodoxe Kirche“ unter das Omophorion der Russischen Orthodoxen Kirche aufgenommen wurde.
Gleichzeitig fingen eine ganze Reihe von jungen russischen Emigranten (Paris war nach dem ersten Weltkrieg eines der Hauptzentren der russischen Emigration) an, sich in dieser Gemeinschaft zu engagieren. Einige von diesen jungen Russen hatten 1925 die „Bruderschaft des heiligen Photius“ gegründet. Eines der Ziele dieser Bruderschaft war es, frühchristliche Traditionen in Westeuropa (hauptsächlich in Frankreich) zu suchen und zu erforschen, an denen auch Orthodoxe Christen partizipieren können. So wurden eine ganze Reihe von frühchristlichen Heiligen (wie die heilige Radegunde, Prinzessin aus Thüringen und dann fränkische Königin im 6. Jahrhundert, die Äbtissin eines bedeutenden Klosters wurde) wie auch die frühen liturgischen Traditionen Westeuropas erforscht (hier besonders der sogenannte Gallikanische Ritus, der in Westeuropa bis zur Herrschaft der Karolinger vorherrschend war).
Nach dem frühen Tod von Erzpriester Louis Winnaert im Jahre 1937 wurde dann der orthodoxe Priester Eugraph Kovalevsky die prägende Gestalt unserer Kirche, eine Art Kirchenvater. Er gehörte auch zur Bruderschaft des heiligen Photius und wurde jetzt Nachfolger von Louis Winnaert als Leiter der kleinen Abendländischen Orthodoxen Kirche. Doch erst einmal brach der Zweite Weltkrieg aus und als französischer Soldat kam Eugraph Kovalevsky in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Während dieser Jahre gedieh aber die Forschungs- und Restaurierungsarbeit am Gallikanischen Ritus soweit, dass am 1. Oktober 1945 zum ersten Mal die „Göttliche
Liturgie unseres heiligen Vaters Germanus von Paris“ gefeiert wurde. Der heilige Bischof Germanus von Paris hatte im 6. Jahrhundert in einigen Briefen einen liturgischen Kommentar zur Gallikanischen Liturgie geschrieben. Daher wurde der nun wiederhergestellte Gallikanische Ritus nach ihm benannt.
In der Zwischenzeit hatte die Abendländische Orthodoxe Kirche das Omophorion gewechselt und unterstand jetzt der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland, von der wir unseren noch heute gültigen Namen „Katholische Orthodoxe Kirche von Frankreich bzw. des Westens“ erhielten. Am 11. November 1964 (Tag des heiligen Martin von Tours) wurde Eugraph Kovalevsky dann vom später heiliggesprochenen Ersthierarchen der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland, Erzbischof Johannes Maximowitsch von Shanghai und San Francisco, zum ersten Bischof der Katholischen Orthodoxen Kirche des Westens geweiht.
Nach dem Tod von Erzbischof Johannes von Shanghai und San Francisco wurde es in der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland für das Anliegen des westlichen Ritus schwierig, so dass sich unsere Kirche dem Omophorion des Rumänischen Orthodoxen Patriarchats von Bukarest unterstellte.
Unser jetziger Bischof wurde dann auch 1972 von rumänischen Bischöfen zum zweiten Bischof der Katholischen Orthodoxen Kirche des Westens geweiht. Allerdings führten dann einige Fragen, über die man sich nicht einigen konnte, im Jahre 1993 zur Aufhebung des Omophorions durch Bukarest. Zu diesen Differenzen gehörte die Frage, ob unsere Kirche nur ein Bistum innerhalb Frankreichs sein sollte und wie Gemeinden außerhalb von Frankreich anzusehen seien. Auch die Frage, wie häufig der byzantinische Ritus von der Katholischen Orthodoxen Kirche des Westens zu benutzen sei und das Problem einer für orthodoxe Verhältnisse relativ offenen Kommuniongemeinschaft für gläubige nichtorthodoxe Christen führten dann zu dieser Trennung.
So ist unsere Situation heute die einer kanonisch nicht regulierten kleinen Orthodoxen Kirchengemeinschaft im abendländischen Ritus mit Gemeinden in Frankreich, den USA, Argentinien und Deutschland, die von 24 Priestern und 17 Diakonen betreut werden.
In Deutschland gibt es zur Zeit nur in Kiel das „Orthodoxe Oratorium der allheiligen Gottesgebärerin von den Engeln und St. Ansgar“. Wir haben die Möglichkeit, einmal monatlich die Kieler Universitätskirche für die Zelebration unserer Göttlichen
Liturgie benutzen zu dürfen. Wir sind eine kleine Herde und wir haben leider noch keinen Chor. Wenn unsere Kantorin es zeitlich nicht schafft, dann singe ich auch, so gut wie es geht, beim Zelebrieren alle Chorpartien. Aber Hauptsache das Lob Gottes wird gesungen, die heilige Eucharistie gefeiert und für die Lebenden und Verstorbenen gebetet.
Mehr Informationen und Kontaktmöglichkeiten findet man unter:
www.oratorium-kiel.de
Sterbehilfe. Eine Frage des Gewissens von Dr. Josef Bordat
1. Das Gewissen des Abgeordneten
Immer wenn im Bundestag über Fragen abgestimmt wird, bei denen es unmittelbar um Leben und Tod geht, so wie demnächst wieder beim Thema „Sterbehilfe“, dann wird die „Fraktionsdisziplin“ aufgehoben und die Medien sprechen von einer „Gewissensfrage“ oder „Gewissensentscheidung“. Aber gilt das nicht für jede Entscheidung, die das Parlament trifft, dass es sich um eine Entscheidung des Gewissens handelt? Artikel 38 des Grundgesetzes billigt den Abgeordneten als „Vertreter des ganzen Volkes“ doch zu, „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“ zu sein. Immer.
Sollte die oder der Abgeordnete nicht gerade treu „an Aufträge und Weisungen gebunden“ sein, nämlich an die, welche sie oder er von ihrer oder seiner Partei bekommt, schon deshalb, um damit letztlich die Interessen des Wählers bestmöglich zu vertreten, der seine Entscheidung nach dem Programm der Partei und nicht nach dem Gewissen des Abgeordneten getroffen hat? Freilich, die Bindung des Gewissens an den Willen des Souveräns, für den der Abgeordnete im Parlament sitzt, soll eine feste sein, aber eben keine, die den Abgeordneten als Menschen, als Person einschnürt. Die Achtung vor dem Mandatsgeber, der die Politik von Partei X umgesetzt sehen will, wenn er Partei X oder einen Kandidaten von Partei X wählt, ist keine, die absolut ist. Absolut ist nur die Achtung vor dem moralisch Absoluten, dem Gewissen.
Andererseits wäre ohne jegliche Bindung an die Partei nicht nur das Mandat delegitimiert, das Parlament wäre auch nicht arbeitsfähig. Wenn jeder Abgeordnete am Ende „sein Ding“ machte, müssten die Koalitionen zur Erreichung von Mehrheitsbeschlüssen immer wieder – von Sachfrage zu Sachfrage – neu ausgehandelt werden. Das ist nicht undenkbar, doch wie sollte angesichts dessen das enorme Pensum am Neuregelungen und Gesetzesüberarbeitungen bewältigt werden? Und – um auf die Repräsentationsfunktion des Abgeordneten zurückzukommen – wie sollte der Wähler eine Entscheidung treffen? Er müsste ja wissen, welche Sachfragen in der kommenden Legislaturperiode anstehen und wie sich der zur Wahl stehende Kandidat jeweils verhalten wird. Das ist unrealistisch, zumal sich Haltungen und Meinungen eines Menschen ja auch ändern können. Die Position einer Partei ist hingegen – trotz mancher postelektionistischen Überraschung – verhältnismäßig stabil. Da weiß man, was man hat, unabhängig von den menschlichen Launen oder auch den echten Hemmnissen aus Gewissensgründen.
Die Balance zwischen Kalkulierbarkeit und Freiheit, zwischen Legitimität der Repräsentation und der legitimen Forderung nach prinzipieller Ungebundenheit des Repräsentanten wird in der Figur der Fraktionsdisziplin zu erreichen versucht. Sie wird – wie bereits einleitend bemerkt – regelmäßig aufgehoben in den Fällen, in denen man einerseits erwarten kann, dass jeder Abgeordnete sich eine eigene begründete Meinung bilden und in denen man andererseits nicht verlangen kann, dass sich der einzelne Abgeordnete a priori der Fraktionslinie unterwirft, egal wie diese aussehen wird. Umgekehrt bedeutet das weder, dass eine Fraktion nicht etwa eine Empfehlung für Unentschlossene aussprechen kann, noch, dass in Fragen, wo die Fraktionsdisziplin nicht ausdrücklich aufgehoben ist, der Parteilinie sklavisch zu folgen wäre; Fraktionsdisziplin ist nicht „Fraktionszwang“, obgleich sie umgangssprachlich so genannt wird.
Es kann Fragen geben, die im Allgemeinen als unkritisch gelten und nach herrschender Ansicht kein „gewisses Etwas“ in der Entscheidungsfindung verlangen, bei denen es aber ein Parlamentarier aufgrund besonderer persönlicher Umstände und / oder biographischer Erfahrungen als schwere Belastung für das eigene Gewissen empfände, wäre er gezwungen, der Linie seiner Kolleginnen und Kollegen zu folgen. Regelungen zu Kriegseinsätzen u. a. fallen darunter. Insoweit der Abgeordnete Gewissensnot leidet, ist er nicht an die Parteilinie gebunden, es kann ihm moralisch nicht zugemutet werden, ihr zu folgen. Und es kann auch nicht rechtlich eingefordert werden, denn Artikel 38 gilt ja immer, nicht nur für bestimmte Themen. Fraktionsdisziplin hingegen ist kein Gegenstand von Verfassungsrang, sondern eine pragmatische Lösung, die zwar wichtig ist für die Einschätzungsmöglichkeiten des Wählers und den parlamentarischen Arbeitsalltag, die aber nicht schwerer wiegt als das Gewissen. Umgekehrt hat die Öffentlichkeit ein Recht auf Rechtfertigung von Gewissensentscheidungen, die den Ernst der Gewissensnot des Abgeordneten untermauern.
2. Soll der Bundestag über Leben und Tod entscheiden können?
Immer öfter – entsprechend dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt – stehen die
Abgeordneten vor „echten“ Gewissensentscheidungen: Embryonenschutz,
Stammzellforschung, Präimplantationsdiagnostik (PID). Nun also Sterbehilfe. Immer geht es dabei um den Menschen und das Leben. Klar ist, dass dies „klassische Fälle“ von Gewissensvorbehalt eines Parlamentariers sind.
Grundsätzlich stellt sich dabei folgende Frage: Soll es in Angelegenheiten von Leben und Tod überhaupt die Möglichkeit geben, verbindliche parlamentarische Entscheidungen zu treffen? Liegt dabei nicht eine „Machtüberschreitung von Parlamenten“ vor (so Papst Johannes Paul II. mit Blick auf gesetzliche Regelungen zur Abtreibung)? Das ist ein nicht einfach zu behandelnder Einwand, der die Grenzen dessen zu markieren versucht, was Gegenstand konventionalistischer Prozesse, was res publica, also „öffentliche Angelegenheit“ sein kann. Dazu ist zweierlei zu bedenken: Erstens wirken sich Gesetze und andere Entscheidungen des Staates in seinen drei Gewalten immer (zumindest mittelbar) auf die Lebenswirklichkeit von Menschen aus, manchmal eben auch auf ihr Leben selbst, können es verlängern oder verkürzen. Die Unmittelbarkeit der Frage „Leben oder Tod?“ einer Entscheidung zu PID stellt also nur einen quantitativen, keinen qualitativen Unterschied dar. Auch jede Änderung des Hartz IV-Regelsatzes kann Folgen haben, die für Betroffene von existenzieller Bedeutung sind.
Zweitens muss rechtlich geregelt werden, was wissenschaftlich und technisch machbar ist. Der Wissenschaft (scientia) muss das Gewissen (con-scientia) als Reglement mitgegeben werden, damit bewusste und verantwortungsbewusste Forschung gelingt. Entscheiden heißt immer auch unterscheiden, nämlich zwischen dem, was machbar ist und dem, was tatsächlich gemacht werden sollte. Dieser normative Akt fällt in seiner Allgemeinheit hierzulande nun einmal der Gesetzgebung zu, also dem Parlament. Der Bundestag muss schon deswegen in Gewissensfragen entscheiden, weil auch aus Gewissensfragen handfeste politische Folgerungen erwachsen: Soll eine Handlung bestraft werden oder nicht? Soll eine Technik finanziell gefördert werden oder nicht? Sollen Informationen zum Verfahren von staatlichen Stellen gegeben werden oder nicht? Dazu braucht es einen klaren Rechtsrahmen.
Andererseits gibt es Fragen, über die auch eine 99-Prozent-Mehrheit nicht verbindlich und auf
Kosten der anderen in ihrem Sinne befinden darf. Das Grundgesetz selbst nennt sie: die
Menschenwürde (Artikel 1, 1 GG) und die grundlegenden freiheitlich-demokratischen Verfassungsprinzipien (Artikel 20, 1-3 GG: Demokratie, Sozialstaatlichkeit, Föderalismus, Volkssouveränität, Gewaltenteilung). Diese Ingredienzien unseres Gemeinwesens gelten als „unabänderlich“ (Artikel 79, 3 GG) und dürfen sogar mit Gewalt verteidigt werden (Artikel 20, 4 GG). Und das menschliche Leben, das ja nun Grundvoraussetzung für alles weitere ist, etwa dafür, als Mensch Würde zu genießen: soll dessen unbedingter Schutz nicht auch dem Entscheidungsrahmen der Abgeordneten entzogen werden? Aus den beiden oben genannten Gründen (Abgrenzungsproblem und Regelungsdruck) sieht die Mehrheit der Verfassungsexperten das nicht so. Beide Argumente entheben aber weder den einzelnen Bürger vom höchstpersönlichen Gewissensgebrauch, noch erheben sie den Abgeordneten zum Delegierten des „Volksgewissens“. Für alles mag es ein Mandat geben, aber nicht für das Gewissen. Und: Parlamente verleihen im Bereich der Fragen des Lebens immer nur Rechte für den Einzelnen, niemals Pflichten. Es muss immer die Möglichkeit geben, eine medizinische Maßnahme, die rechtlich erlaubt ist, bei sich oder bei Familienangehörigen, für die man Verantwortung trägt, abzulehnen. Anders ginge es auch gar nicht, denn das Gewissen des Einzelnen ist (und bleibt) frei. Das gilt insbesondere bei der Frage der Sterbehilfe.
3. Gewissensfrage Sterbehilfe
Andererseits ist es so: Mit dem Recht des Einzelnen, Sterbehilfe beanspruchen zu können, korrespondiert das Recht der Gemeinschaft auf Rechtfertigung, warum der Einzelne dies dann nicht auch tut. Das ist das Problem: Aus einer bestimmten Norm, die mit durchaus guten Absichten gemacht wird, erwächst letztlich ein nicht zu kontrollierendes gesellschaftliches Klima, in dem unerwünschte Effekte eintreten, die – und das ist entscheidend – normativ nicht einzuholen sind. Die Folgen zeigen sich in der Alltagsmoral, im Umgang mit kranken und alten Menschen und vor allem auch mit deren Angehörigen, die ja schließlich „etwas tun“ könnten. Das sind Ebenen, die sich selbst nicht rechtlich regeln lassen, gleichwohl aber Frucht einer Rechtsnorm sein können.
Sterbehilfe bricht ein Tabu: Sie betrachtet die Tötung eines Menschen nicht mehr als eine an sich schlechte Handlung, sondern formuliert Bedingungen, unter denen die Tötung eines Menschen nicht nur erlaubt, sondern sogar geboten ist. Dem Tötungstabu korrespondiert das Leben als ein Wert an sich; das daraus folgende Gebot, kein Leben beenden zu dürfen, auch nicht das eigene, ist ein Naturrecht, das jeder Mensch intuitiv als richtig erkennen kann und das sowohl in die religiöse Ethik (in Christentum, Judentum und Islam mit Hinweis auf das Gottesgeschenk des Lebens) als auch in die säkulare Ethik (etwa bei Kant, mit Hinweis auf eine Lebenspflicht des empirischen Subjekts aufgrund der Würde des Transzendentalsubjekts) aufgenommen und in den Rechtsordnungen zivilisierter Gesellschaften verstetigt wurde.
Aus Sicht der drei abrahamitischen Religionen, die sich an dieser Stelle einig sind, resultiert die Unveräußerlichkeit der Menschenwürde und des elementaren Lebensrechts aus der Geschöpflichkeit des Menschen: Gott schenkt uns Leben, über das wir Menschen nicht verfügen dürfen. Wir können uns dieses Geschenk gegenseitig – beziehungsweise eben uns selber – nur in formaler Weise als Lebensrecht zu-, nicht jedoch in Gestalt eines Tötungsrechts absprechen. Daraus folgt, dass auch die Unterstützung nur im positiven, niemals aber im negativen Modus erfolgen darf, nur als Lebenshilfe, niemals als Sterbehilfe. Daran erinnert aber auch Kant: Er war etwa der Meinung, der Mensch sei „Zweck an sich“ und dürfe – bei aller Autonomie – nicht einmal sein eigenes Leben zum Mittel machen, etwa um Leid zu verkürzen. Er sieht in der Selbsttötung eine Verletzung der moralischen Pflicht des Menschen, gemäß seiner „Naturanlagen“ zu leben. Er wird zum Leben geboren und muss fortan seine Lebenspflicht erfüllen, das ist der einzelne Mensch seinem Menschsein schuldig.
Die Idee dahinter ist in beiden Fällen ähnlich: Es besteht eine Pflicht zur Anerkennung des eigenen intrinsischen Wertes von Leben, der sich aus dessen Heiligkeit bzw. Absolutheit ergibt. Das bedeutet: Das Leben ist dem Menschen in seiner zeitlich-räumlichen und zugleich auch sittlichen Begrenztheit entzogen. Daraus folgt zweierlei: Zum einen kann sich der Mensch mit seinem Leben auseinandersetzen, auch von ihm distanzieren, kann das Wie der Lebensführung in einem gewissen Grad (eben eingedenk seiner Begrenztheit) selbst bestimmen, zum anderen aber eben nicht in einem absoluten Sinne, was wiederum bedeutet, der Mensch kann nicht über das Ob des Lebens entscheiden. Das kann er zu Beginn nicht – und auch am Ende nicht, zumindest nicht unter Beachtung seines Menschseins. In jeder Entscheidung, die das Ob des Lebens in Frage stellt oder gar negiert, überschreitet der Mensch die Grenzen dessen, was ihm als Mensch zu entscheiden zukommt, weil er sich in seiner Begrenztheit zum Heiligen bzw. Absoluten äußert – und zwar unumkehrbar und im negativen Modus. Ein Parlament, das eingedenk dessen eine Entscheidung trifft, kann nur eines tun: Sterbehilfe verbieten!
Dr. Josef Bordat arbeitet an der Freien Universität Berlin und ist einer der bekanntesten katholischen Blogger im deutschsprachigen Raum. In seinem Weblog „Jobo72“ behandelt er philosophische und theologische Fragen und bezieht engagiert Stellung zu den Themen Kirche, Medien und Politik. In seinem jüngst erschienen Buch „Das Gewissen“ (Lepanto-Verlag, Euro 16,80) setzt er sich vor allem mit dem Gewissen im katholischen Glauben und den einschlägigen Debatten im Zuge des Zweiten Vatikanischen Konzils auseinander. Schließlich wird die verfassungsrechtliche Dimension des Begriffs in Gestalt der Gewissensfreiheit des Bürgers und insbesondere des Mandatsträgers aufgezeigt. Aktuelle Fallbeispiele von konkreten Gewissensentscheidungen aus den Bereichen Lebensschutz und Politik ergänzen die Abhandlung.
Bonhoeffer, Bultmann und die liberale Theologie
Von Dr. Daniel Gerte
Bonhoeffers Ursprungsgedanke zur nicht-religiösen Interpretation liegt in der Auseinandersetzung mit der liberalen Theologie, dessen Schule Ende des 18.
Jahrhunderts „die Vereinbarkeit des mündigen Glaubens mit dem menschlichen Freiheitsanspruch nachweisen wollte.“[1] Die frühen Vertreter dieser Richtung, zu denen Schleiermacher, Ritschl oder Harnack zählten, waren um eine Unabhängigkeit von kirchlichen Traditionen und Dogmen bemüht. Theologie und ihre Sprache wäre demnach zu säkularisieren, sie müsste dem Weltenverlauf angepasst werden. Die Vertreter sahen darin den Willen Jesu maximal verwirklicht und die Zukunft der Theologie auf wegweisende Bahnen gelenkt. Kritische Stellungnahmen hingegen warnten vor der nicht unproblematischen Assimilierung, würde doch mit diesem Postulat der christliche Glaube und seine Traditionen preisgegeben. Besonders die katholische Kirche leistete Widerstand und nahm erst, nicht ohne Bedenken, im Zweiten Vatikanum die Bemühungen um eine weltgerechte Sprache zur Kenntnis.
Die radikale Umsetzung der liberalen Theologie brachte im Laufe der Jahrzehnte Probleme mit sich, die hauptsächlich in der Auflösung biblischer Sprache zu sehen sind und so eine Angriffsfläche für weitere Kritik bot. Wenn es auch verschiedene Bemühungen gab, die liberalen Tendenzen abzuschwächen[2], so ist ihr Kern bis heute geblieben.[3]
Zweifelsohne stand Bonhoeffer einer solchen Haltung vorerst zwiespältig, dann vermehrt skeptisch gegenüber. Im Zusammenhang mit der Entwicklung eines nichtreligiösen Sprachgebrauchs schreibt er:
„Es war die Schwäche der liberalen Theologie, daß sie der Welt das Recht einräumte, Christus seinen Platz in ihr zuzuweisen; sie akzeptierte im Streit von
Kirche und Welt den von der Welt diktierten – relativ milden – Frieden. Es war ihre Stärke, daß sie nicht versuchte, die Geschichte zurückzudrehen, und die Auseinandersetzung wirklich aufnahm (Troeltsch!), wenn diese auch mit ihrer Niederlage endete“ (WE 161).
Positiv würdigt Bonhoeffer, dass die liberale Theologie, Religion nicht in der Vergangenheit sucht. [4] Jedoch darf sie sich von der Offenbarung zu lösen versuchen, indem sie Christus einen festen Platz in der Welt zuweist – so Bonhoeffer. H. Ott postuliert daran angelehnt: „Theologie muß autonom bleiben, das Heft in der Hand behalten und darf sich ihre Maßstäbe von nirgendwo sonst als von ihrer Sache selbst, der Offenbarung geben lassen.“ [5] Ein Ausverkauf offenbarungstheologischer Inhalte wird bei Bonhoeffer kategorisch ausgeschlossen.
In diesem Kontext findet sich dann schließlich auch der Gedanke über Entmythologisierung des evangelischen Theologen R. Bultmann wieder. In einem Brief vom 5. Mai 1944 notiert Bonhoeffer:
„Du erinnerst Dich wohl des Bultmannschen Aufsatzes über die ‚Entmythologisierung’ des Neuen Testaments? Meine Meinung dazu würde heute die sein, daß er nicht ‚zu weit’, wie die meisten meinten, sondern zu wenig weit gegangen ist. Nicht nur ‚mythologische’ Begriffe wie Wunder, Himmelfahrt etc. (die sich ja doch nicht prinzipiell von den Begriffen Gott, Glauben etc. trennen lassen!), sondern die ‚religiösen’ Begriffe schlechthin sind problematisch. Man kann nicht Gott und Wunder von einander trennen (wie Bultmann meint), aber man muß beide ‚nicht-religös’ interpretieren und verkündigen können (WE 136).“
Die entmythologisierende Interpretation Bultmanns ist zweifellos umstritten. Im Kern geht es darum, die Bibel existenzial zu deuten, „d. h. den jeweils heutigen Menschen so mit dem Kerygma zu konfrontieren, daß er sich von ihm unmittelbar betroffen, vor eine ‚existenzielle’ Entscheidung gestellt sieht.“[6] Nach Bultmann versteht der Mensch heute die mythologischen Einkleidungen der Antike nicht; ein „Einbruch der Transzendenz“ [7] , also Begriffe wie Wunder, Auferstehung, Himmelfahrt etc., sind ihm fremd. Dem zu Grunde liegen die erfahrbaren Fortschritte der (Natur-)Wissenschaften. An Bultmanns Vorgehensweise ist fortwährend Kritik geäußert worden.[8] Als gewichtiger Einwand kann m. E. der Vorwurf eines radikalen Dualismus´ ins Feld geführt werden. Die mythologischen Begriffe werden als Kontrast zur empirisch erfahrbaren Wirklichkeit aufgeführt. Es ist Bonhoeffers Verdienst gewesen, eben diese Differenz aufzudecken:
„Bultmann scheint nun Barths Grenze irgendwie gespürt zu haben, aber er mißversteht sie im Sinne der liberalen Theologie und verfällt daher in das typisch liberale Reduktionsverfahren (die ‚mythologischen’ Elemente des Christentums werden abgezogen und das Christentum auf sein ‚Wesen’ reduziert) […] (WE 162) Der Vorwurf Bonhoeffers lautet an dieser Stelle: Mythologisch eingekleidete
Begriffe werden von Bultmann so subtrahiert, dass ausschließlich empirisch verifizierbare Begriffe erhalten bleiben. Offensichtlich tritt hier der Dualismus zu Tage, welcher nichts anderes im Sinn führt, als die biblischen Botschaften auf ihren naturwissenschaftlichen Gehalt zu reduzieren. Bonhoeffers postuliert stattdessen: „Ich bin nun der Auffassung, daß die vollen Inhalte einschließlich der ‚mythologischen’ Begriffe bestehen bleiben müssen – das Neue Testament ist nicht eine mythologische Einkleidung einer allgemeinen Wahrheit!, sondern diese Mythologie (Auferstehung etc.) ist die Sache selbst! – aber daß diese Begriffe nun in einer Weise interpretiert werden müssen, die nicht die Religion als Bedingung des Glaubens […] voraussetzt“ (WE 162).
In aller Deutlichkeit wird faulen Kompromissen eine Absage erteilt. Eine Verwischung oder gar Eliminierung mythologischer Aussagen widerspricht demnach der biblischen Offenbarung. Bonhoeffer verweist darauf, dass die Begriffe die Sache selbst seien: „Erst damit ist m. E. die liberale Theologie […] überwunden, zugleich aber ist ihre Frage wirklich aufgenommen und beantwortet“ (WE 162). Bonhoeffer holt die mythologischen Begriffe auf die Erde zurück, er verortet sie im
Diesseits. Es bleibt die immerwährende Aufgabe, seinen Weg nicht-religiöser Interpretation kontextgebunden darzustellen, denn sie fungiert als Alternative zum Programm Bultmanns. Die Entmythologisierung scheint für Bonhoeffer kein adäquater Zugang zu sein. Zusammenfassend hält er fest: „Erlösungsmythen entstehen aus den menschlichen Grenzerfahrungen. Christus aber faßt den ganzen Menschen in der Mitte seines Lebens“ (WE 167). Daran muss sich nicht-religiöse Rede messen lassen.
Vorliegender Text ist ein Auszug (mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag) aus:
Gerte, Daniel
Authentische Spiritualität in den Gefängnisbriefen Dietrich Bonhoeffers
Kriterien für Geistliche Begleitung heute
Frankfurt am Main, Berlin, Bern, Bruxelles, New York, Oxford, Wien, 2014. 247 S., 2 s/w Abb.
Pastoralpsychologie und Spiritualität. Bd. 19
Herausgegeben von Karl Frielingsdorf und Klaus Kießling
ISBN 978-3-631-64659-5
Die Forschungsarbeit liefert den Entwurf einer Spiritualitätskritik. Im Mittelpunkt steht die Ausarbeitung von Kriterien für eine lebensförderliche Spiritualität. Als Inspiration dienen dafür die Gefängnisbriefe Dietrich Bonhoeffers. Sie sind das Zeugnis eines Theologen und Widerstandskämpfers, der mitten in den Widrigkeiten des Lebens seine Glaubenstreue zum Ausdruck bringt und allen Suchenden heute
wegweisende Impulse anbieten kann. Der Geistlichen Begleitung kommt in diesem Kontext eine prominente Rolle zu: Sie ist der Ort, an dem sich Spiritualitätskritik bewähren muss. Dabei bezieht sie sich auf die Grundsätze einer mäeutischen, empathischen und solidarischen Haltung. Die Gefängnisbriefe Bonhoeffers möchten aufzeigen, wie eine solche Haltung an Form gewinnen kann.
Inhalt
Inhalt: Spiritualitätskritik – Dietrich Bonhoeffer – Spiritualität in der Philosophie, Theologie, Geistlichen Begleitung und in den
Humanwissenschaften – Spiritualität der Gefängnisbriefe Bonhoeffers – Entwurf einer Spiritualitätskritik – Anwendung der Kritik als Handlungsoption für die Geistliche Begleitung.
Autorenangaben
Daniel Gerte, Studium der Philosophie, Theologie und Religionspädagogik, Aufbaustudium an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen; Kooperations-Promotion an der Universität Frankfurt am Main; Tätigkeit als Gymnasiallehrer für katholische Religionslehre und Philosophie und Lehrbeauftragter für systematische Theologie an der Universität Paderborn.
Mitteilungen aus der Union von Scranton
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Generalsynode der PNCC
29. September - 3. Oktober 2014
An die Bischöfe, den Klerus und die Gläubigen der PNCC,
während einer Sitzung des Obersten Rates der PNCC im April 2013 gab es eine ausführliche Diskussion über die bevorstehende Generalsynode. Dabei wurde deutlich, dass es der Kirchenleitung sehr viel wichtiger ist der Synode mehr Zeit für Zukunfts- und Wachstumsprojekte unserer Kirche zu geben, als die vier, fünf Tage für Diskussionen bezüglich der vergangenen vier Jahre zu nutzen.
In mehreren Beratungen kamen der Prime Bishop und die Kirchenleitung daher mit großer Mehrheit zu folgendem Beschluss:
Anders als bisher wird die Generalsynode 2014 ihren Fokus nicht auf die vergangenen vier Jahre legen, sondern verstärkt auf die zukünftigen Aufgaben in den kommenden Jahren blicken.
Daher soll die Mehrzahl der Berichte nicht auf der Synode verlesen, sondern den Delegierten bereits im Voraus auf CDs zugestellt werden. Im Rahmen vor-synodaler Versammlungen sollen die Delegierten genügend Zeit erhalten um die Berichte zu lesen und zu diskutieren. Die Vorbereitungsgruppen sollen Fragen und Aufgaben für die Synode formulieren.
Das Ziel besteht darin, dass sich die Delegierten auf der Synode in Kleingruppen die Zeit nehmen, um über die Probleme der PNCC zu diskutieren und Perspektiven für das Wachstum unserer Kirche zu entwickeln. Jede Gesprächsgruppe soll einen Querschnitt, aus unterschiedlichen Diözesen, aus Geistlichen und Laien bilden.
Die Informationen aus den Gruppen werden gesammelt, analysiert und auf der Synode präsentiert, diese soll dann eine Vision / einen Regie- / oder Aktionsplan für den Weg der PNCC in die Zukunft entwickeln.
Unser Ausschuss wird möglichst bald weitere Informationen zur Synode über das Büro des Prime Bishops oder die Kirchenzeitung „Gottes Acker“ veröffentlichen.
Wir bitten Sie um Ihr Gebet für unsere Synode 2014, für die Bischöfe, die Kirchenleitung, sowie für alle Delegierten. Wir hoffen und beten, dass unsere Kirche durch den neuen synodalen Prozess in den kommenden Jahren – auch durch Wachstum – profitieren wird.
Hochachtungsvoll
Der Synodenvorbereitungsausschuss
Änderungsanträge an die Synode sind bis zum 29. März einzureichen.
Kandidaten für die kirchlichen Kommissionen 1) Kirchenrecht 2) Mission & Evangelisierung 3) Haushalt und Finanzen 4) Schule und Bildung 5) Liturgie 6) Glaubenslehre 7) Klerus 8) Geschichte und Archiv 9) Geistliche Berufungen können sich ab sofort bewerben.
Buchbesprechungen
Von Axel Stark
Hermann Steinkamp, Diakonie statt Pastoral.
Ein überfälliger Perspektivenwechsel, Berlin 2012, LIT Verlag, 342 S., 24.90 €, Reihe: Diakonik Bd. 10
Diesen „überfälligen Perspektivenwechsel“ schreibt ein Theologieprofessor im Ruhestand nach jahrzehntelanger Erfahrung und Reflexion über die pastorale und diakonische Praxis der Christen und der Kirche. Motiviert durch die Pastoralkonstitution des Zweiten Vaticanums Gaudium et spes untersucht er die strukturellen Spannungen zwischen Diakonie und Pastoral bzw. zwischen Caritas und Gemeinde. Seine „Streitschrift“ will bewusst provozieren: er hinterfragt den in Deutschland ( im Gegensatz z.B. zur brasilianischen Kirche ) üblichen Vorrang der Liturgie und Verkündigung bzw. den Vorrang der Pastoral vor der Diakonie und optiert für den Primat der Diakonie! Steinkamp plädiert auch für die Abschaffung des Begriffs „Pastoral“, weil mit diesem Begriff die „Hirt-und-Herde-Praxis“ verbunden ist. Damit stellt er mit Berufung auf das Konzil die gängige kirchliche Praxis in Deutschland vor eine wichtige Entscheidung: weiter so wie bisher mit all den damit verbundenen Konsequenzen oder eine am Konzil und an anderen katholischen Ortskirchen sich orientierende neue, durchaus nicht einfache und leichte Praxis.
Henning Klingen / Peter Zeillinger / Michael Hölzl (Hg.), Extra ecclesiam … Zur Institution und Kritik von Kirche, Berlin 2013, LIT-Verlag, 386 S., 39.90 €, Jahrbuch Politische Theologie Bd. 6/7.
Dieses Jahrbuch fragt nach dem Kirchenverständnis der Neuen Politischen Theologie.
Diese versucht grundsätzlich die Bedeutung der biblischen Gottesrede für die geschichtlichen und gesellschaftlichen Prozesse unserer Zeit zu artikulieren und muss daher auch das Kirchenverständnis klären. Die Neue Politische Theologie erhebt einerseits Einspruch gegen ein zu enges Kirchenverständnis, sie motiviert aber dazu, Kirche als „Institution gesellschaftskritischer Freiheit“ ( Johann Baptist Metz ) zu verstehen und weiterzuentwickeln.
Inhaltlich werden in diesem Jahrbuch zuerst die Frage nach der heutigen Bedeutung von Kirche gestellt, u.a. antwortet der Erfurter Altbischof Joachim Wanke. Die Rubrik „Thema“ behandelt Studien und Analysen zu biblischen, historischen, religionswissenschaftlichen Einzelfragen und Zugängen zu einer politischtheologischen Ekklesiologie, u.a. von
Alterzbischof Rowan Williams. In der Rubrik „Debatte“ wird ein Schlüsseltext von Metz
„Zur Präsenz der Kirche in der Gesellschaft“ u.a. von Franz Xaver Kaufmann neu gelesen.
Zum Schluss werden vier Universitätsinstitute/-projekte aus Münster, Erfurt, Berlin und Manchester vorgestellt, die sich mit dem Themenbereich Religion und Politik befassen.
Gewidmet ist das Jahrbuch Johann Baptist Metz zum 85. Geburtstag.
Axel Stark, Akademischer Oberrat i.R., lehrte an der Universität Passau
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Nachruf
Gedanken zum Heimgang von Gabi Seidler, Kirchenvorsteherin
Samstag, 17°°. Telefon. Daniel. Gabi auf Intensiv. Uni Ulm, Eselsberg.
Herzstillstand.
Operation. 20°° Diagnose Aneurysma. Hirnblutung.
Sonntag. 2. Eingriff. „Operation gut – Patient tot“.
Montag. Aus Hoffnung wird furchtbare Wirklichkeit.
Mittwoch Hirndruck steigt immens. Hirnödem. Kaum mehr Hirnfunktion.
„Gott sein dank“ hat Gabi eine Patientenverfügung. Die Kreislaufunterstützung wird abgesetzt.
Wir sind bei ihr: Angela, Daniel, Fritz und ich. Wir beten. Wir salben Gabi, wir halten sie und sind einfach nur da.
Ärzte und Schwestern gestalten ihren Heimgang, ihren Abschied würdevoll. 12:30 die Atmung setzt aus. Tatsächlicher Tod.
Tränen waschen meine Lieblingsanreden für Gott aus: Liebe, Barmherzigkeit,
Güte- Zorn auf Gott, Finsternis greift um sich.
Du unverständlicher Gott und grausamer Gott.
Doch: Gott hat einen breiten Buckel!
Er ist das A und O, das Alpha und das Omega, der Anfang und das Ende.
Von allem Anfang an war Gabi gewollt! ER hat sie eingeschrieben in seine Hand! Du gehörst mir! – hat ER ihr zugesagt.
So ist Gabi „verduftet“, ist zur ewigen Liebe „erblüht“.
So hat sie sich im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Staub gemacht. Bilder von ihr bleiben. Mehr noch: die Erinnerung an das Schwesterherz bleibt.
Ihr „Biderle“ (Brüderchen), der „Idihaddi“ (Gerhard) erinnert sich
an den kleinen Wonnepropen. Bereits im Kleinalter waren ihr Fototermine ein Gräuel.
Man sieht’s ganz deutlich am Gesichtsausdruck. Gabi war die Lebensfreude in Person.
Ihr Großmut, ihre Liebe und tiefe Freundschaft sind gegenwärtig.
Nach dem „Warum“ zu fragen – würde uns in den Wahnsinn treiben! Gott beantwortet die Warum-Frage nicht.
Er entzieht dem Leiden jede Begründung und lädt uns ein, eher nach dem „Wozu“ zu fragen.
Wozu: damit wir Zusammen Abschied nehmen, Zusammen feiern und uns Zusammen an Gabi erinnern. ...Zusammen drückt so etwas wie Gemeinschaft aus.
Denn: „Es ist was es ist, sagt die Liebe!“ Gabi ist zu Hause, hier mit ihrer Asche, im Familiengrab in Vöhringen.
Von hier war sie zeitig aufgebrochen, um sich ihre Welt „zu erobern“. Nun war das Maß voll und alles ist aufgehoben. Heimat im Kleinen – Heimat im Großen.
Da! Durch einen Spalt in der Finsternis des Universums,in der Finsternis meiner
Gedanken und Seele, dem Verlies, in dem ich mich eingehaus habe, dringt – wie schön – ein Schein, ein Strahl.
Vielleicht ? Sicherlich wird es wieder Tag! (frei nach Fridolin Stier) Und da hör ich Gabi sagen: Lasst meinem Namen seinen vertrauten Klang: Gabi! Warum sollte ich plötzlich aus eurem Sinn sein, nur weil ihr mich nicht mehr sehen könnt?
Ich wart auf euch!
Und allen möglichen Unkenrufen über Gott zum Trotz, letztendlich S’ passt scho! Und mit der Zeit und in Ewigkeit passt alles, wird alles gut!
So sei es!
[1] Vorgrimler 2000, 389. Ein weiterer Überblick findet sich bei Lohff 1986
[2] Zu nennen ist an dieser Stelle die dialektische Theologie wie sie von Karl Barth geprägt wurde. Vgl. Barth 1978.
[3] Folgerichtig resümiert dementsprechend Gräb (s. Quellenverzeichnis): „Die ‚liberale Theologie’ meint: Dieser Glaubensausdruck ist nicht vorgeschrieben, er ist nicht durch Bibel und Bekenntnis vorgeschrieben, sondern der Glaubensausdruck muss in einer bestimmten Zeit und im Blick auf die eigene Person immer wieder neu gefunden werden. Jeder hat die Freiheit, wie er seinen Glauben ausdrückt und welche Konsequenzen er daraus in seiner Lebenspraxis zieht. Nicht auf das autoritativ Vorgegebene kommt es an, sondern auf die persönliche Entscheidungsfreiheit des einzelnen. Ich muss als liberaler Theologie nicht glauben, was die Kirche zu glauben von mir verlangt, sondern das jenige, wovon ich selber persönlich überzeugt bin. Das ist der Grundsatz liberaler Theologie.“
[4] Dazu schreibt Ott 1966, 100: „Es gehört offenbar zum Auftrag der Theologie, daß sie ‚das Rad nicht zurückdreht’. Das heißt doch wohl: Sie muß die Welterfahrungen und das Wirklichkeitsverhältnis der Epoche, in der sie redet, ernst nehmen, stets vor Augen haben, auf sie hin reden und sie so gleichsam integrieren.“
[5] Ott 1966, 100.
[6] Vorgrimler 2000, 153.
[7] Vorgrimler 2000, 153.
[8] So bezeichnet bspw. H. Vorgrimler das Programm als sachlich nicht richtig und nicht authentisch. Vgl. Vorgrimler 2000, 153.