012018



Pfarrer Oliver van Meeren wechselt in die Union von Scranton

Christ-Katholische Gemeinde St. Barbara in Saarbrücken gegründet


Am Weihnachtsfest haben ehemalige Mitglieder der alt-katholischen Gemeinde aus dem Saarland unter Leitung von Pfarrer Oliver van Meeren die christ-katholische Gemeinde St. Barbara in Saarbrücken und die Kuratie St. Florian in Kaiserslautern gegründet.  Pfarrer van Meeren war fast zwei Jahrzehnte Geistlicher der alt-katholischen Gemeinde im Saarland und zugleich Dozent für Kirchenrecht am alt-katholischen Seminar der Universität in Bonn. Zuletzt hat er sehr liebevoll für die Renovierung der Friedenskirche in Saarbrücken gesorgt. Die kontinuierliche Entfremdung des deutschen alt-katholischen Bistums vom katholischen und orthodoxen Sakramentenverständnis hat den Geistlichen mit seiner Gemeinde schließlich dazu geführt, sich der Union von Scranton anzuschließen. Prime Bishop Anthony Mikovsky begrüßt diesen Schritt als "Heimkehr" in den Altkatholizismus. Im Namen von Bischof Dr. Roald Flemestad begrüßt Generalvikar Mass die neue Gemeinde auf das herzlichste in der Christ-Katholischen Kirche. Zu den Beweggründen von Pfarrer van Meeren und seiner Mitstreiter siehe folgendes Interview.


Herr Pfarrer v.M. Sie sind als junger Mann in Südamerika aufgewachsen, gab es ein bestimmtes Erlebnis, warum Sie sich entschieden haben Priester werden zu wollen?


Ja, meine Jugendzeit in Südamerika hat mich sehr geprägt. Besonders der Kontakt mit der Theologie der Befreiung und die Option für die Armen.


Welchen Einfluss hat die spezifisch südamerikanische Befreiungstheologie auf ihren Werdegang gehabt?


Sie hat mir gezeigt. dass man Jesus in den kleinen Dingen des Alltags findet und in den Menschen, denen man im Alltag begegnet.


Sie wurden in Köln zum Priester geweiht, wie haben Sie die deutsche katholische Kirche damals erlebt und empfunden?


Da ich in Spanien studiert habe und auch dort im Priesterseminar war, war mein erster richtiger Kontakt mit der katholischen Kirche in Deutschland meine Kaplansjahre in Wissen an der Sieg. Ich hatte eine 50% Stelle in Wissen und war zu 50% freigestellt für meine Promotion. Dadurch bestand meine Tätigkeit im Bistum Köln mehr auf wissenschaftlicher Basis als auf Gemeindeebene.


In Konflikt mit der Kirche kamen Sie, als Sie sich in Ihre Frau verliebten. Hatten Sie damals erwogen Ihr Priesteramt niederzulegen?


Als ich meine jetzige Frau kennenlernte, war es für mich klar, dass ich aus Ehrlichkeit zu mir und der römisch-katholischen Kirche mein kirchliches Amt niederlegen musste, was ich auch dem damaligen Kardinal Meissner in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt habe. Danach habe ich ein Studium für innerbetrieblichen Journalismus an der MA Essen absolviert und im Lateinamerikanischen Zentrum in Bonn gearbeitet.


Sie sind Priester geblieben und haben sich der altkatholischen Kirche angeschlossen. Gab es andere Gründe außer der Zölibatsfrage?


Neben der Zölibatsfrage, die eine klare Gewissenfrage bei mir war, waren es auch die Themen der Theologie der Befreiung, die ich in einer synodalen Kirche, wie der Alt-Katholischen Kirche, eher gesehen habe.


Als altkatholischer Pfarrer haben Sie sehr lange in Saarbrücken gewirkt und die dortige Pfarrkirche großartig renoviert. Sehen Sie sich eher als Seelsorger oder als Manager?


Vom Herzen her bin ich Seelsorger, musste aber leider auch ein Manager sein.


Sie waren neben ihrer Tätigkeit als Pfarrer auch Dozent für Kirchenrecht am alt-katholischen Seminar der Universität in Bonn, mit welchen Themenbereichen hatten Sie hier besonders zu tun?


Mit der Geschichte des altkatholischen Kirchenrechts von seiner Entstehung bis zu seiner heutigen Entfaltung. Besonders wichtig waren für mich die kirchenrechtlich historischen Themen, wie die Synodalität der Urkirche.


Sie haben sich entschieden das katholische Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland zu verlassen und in die christ-katholische Kirche zu wechseln. Warum?


Ich kam in das alt-katholische Bistum kurz nach der synodalen Entscheidung des Frauenpriestertums. Diese Entscheidung der Synode wirkte sich in den Jahren immer mehr aus und führte nach meiner Ansicht zu der Frage der Katholizität und dem Sakramentenverständnis des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland. Die in den letzten Jahren aufkommenden Diskussionen über das Ehesakrament und die eventuell bevorstehende Entscheidung der Synode dieses als Sakrament des Lebensbundes oder als Sakrament der gesegneten Liebe und so die gleichgeschlechtliche Partnerschaft als eine Ausprägung des katholischen Ehesakraments zu sehen, ist für mich nicht tragbar.


Sie sehen also die Sakramentalität und damit die Katholizität der alt-katholischen Kirche in Deutschland in Gefahr?


Mit diesen Entscheidungen hat die Synode der alt-katholischen Kirche in Deutschland, die eine Bistumssynode ist, ihre theologischen und kirchenrechtlichen Grenzen überschritten. Es sind keine Entscheidungen die eine Bistumssynode treffen kann.


Der Prime Bishop der PNCC hat ihren Wechsel in die Union von Scranton als "Rückkehr nach Hause" bezeichnet. Sehen Sie die Union von Scranton als Heimat eher für enttäuschte oder für motivierte Altkatholiken?


Weder noch. Sie ist Heimat für alle, die ihren Glauben lebendig leben wollen.


Sie haben sich entschieden ihren bisherigen hauptamtlichen Dienst als Priester nun ehrenamtlich mit der neugegründeten Gemeinde St. Barbara in der christ-katholischen Kirche fortzusetzen. Wofür wird diese Gemeinde stehen, wie viele Mitglieder gehören zur Gemeinde und wie ist die Stimmung?


Da wir uns erst am 24. Dezember 2017 gegründet haben, besteht eine Stimmung des Aufbruches. Die genaue Zahl der Gemeindemitglieder können wir erst nach der ersten Gemeindeversammlung ermitteln. Die Gemeinde St. Barbara steht in erster Linie dafür, dass wir eine Kirche für die Menschen sind. Wir leben unseren Glauben in Gemeinschaft, sind für einander da und haben eine klare Option für die Armen und Benachteiligten in unserer Gesellschaft.


Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.



Und führe uns nicht in peirasmos

Zur Kritik des Papstes an der sechsten „Vater Unser“ Bitte

Von Klaus Mass


Papst Franziskus hat mit seiner Kritik an der deutschen „Vater Unser“ Übersetzung für Schlagzeilen gesorgt. Wie ist die sechste Bitte „Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“ angemessen zu verstehen und zu übersetzen?   


Zunächst einmal kann es bei dieser Frage nicht darum gehen, ob denn die französische Übersetzung tatsächlich besser als die deutsche Übertragung aus dem Lateinischen gelungen sei. Die grundlegende Frage muss sein, ob die lateinische Übersetzung dem biblischen Befund tatsächlich entspricht und wie man diesen dann in die jeweilige Volkssprache überträgt.


„Führe uns nicht in den peirasmos hinein, sondern bewahre uns vor dem Bösen.“ (Mt 6,13)

Da der zweite Halbsatz weder von allen Matthäustextzeugen noch von Lukas überliefert wird, kommt als mögliches authentisches Jesuswort lediglich der erste Satzteil in Frage.

„Führe uns nicht in den peirasmos hinein“ oder „bewahre uns vor dem peirasmos.“


Die entscheidende Frage lautet also, was ist neben „Führung“ oder „Bewahrung“ unter dem Begriff „peirasmos“ zu verstehen? Das griechische Wort kann mit mehrere Bedeutungen übersetzt werden. Es kann so verstanden werden, dass es darum geht, den Menschen zu testen, zu erproben oder zu versuchen. Ferner kann es auch als Angriff durch eine Krankheit verstanden werden.


Um die Bedeutung des Wortes im „Vater Unser“ nun richtig einordnen zu können, muss folglich erfragt werden, ob und in welchem Sinne dieser Begriff an anderen Stellen der Heiligen Schrift Verwendung erfährt. Um Jesus auf die Spur zu kommen, müssen wir zunächst ins AT schauen. Hier finden wir den Terminus im Buch Deuteronomium (6,16)

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen, so wie ihr ihn in Massah auf die Probe gestellt habt.“


Und im Buch Jesus Sirach (6,7) heißt es: Wenn du einen Freund gewinnst, gewinne ihn durch Prüfung, und vertraue ihm nicht zu schnell. Und in Kapitel 33,1 heißt es weiter: Wer den Herrn fürchtet, den wird kein Unheil treffen, selbst in einer Prüfung wird er wieder gerettet werden. Im Alten Testament bezeichnet der Begriff peirasmos die Frage, ob ich mich in einer kritischen Lebenssituation auf Gott oder einen bestimmten Menschen verlassen kann. Die Krise wird als Bewährungsprobe des Bundespartners verstanden.


Im Neuen Testament wird unser Terminus nun beispielsweise in 1Thess 3,5 mit dem Teufel gleichgesetzt: „Der, der auf die Probe stellt.“ Im Lukasevangelium (Lk 4,12-13) heißt es: „Und Jesus antwortete und sagte ihm, dass gesagt wird: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen“ (Zitat aus Dtn!). In der Apostelgeschichte des Lukas (20,19)  „wie ich dem Herrn gedient habe in aller Demut und mit Tränen und unter Anfechtungen, die mir durch die Nachstellungen der Juden widerfahren sind.“ Und Lk 4, 12-13: „Nachdem der Teufel die ganze Erprobung beendet hatte, ließ er von ihm ab. In diesen Stellen wird die schicksalhafte Lebenssituation also als Anfechtung durch einen Versucher gedeutet. 


Anders allerdings in Jakobus 1,12-14 „Glücklich ist, wer die Bewährungsprobe besteht. Denn wer sich bewährt wird den Siegeskranz des Lebens erhalten, den Gott denen versprochen hat, die ihn lieben. Wer eine Bewährungsprobe zu bestehen hat, behaupte nicht, diese Probe komme von Gott. Denn so wie Gott selbst nicht vom Bösen erprobt wird, so setzt Gott auch keinen Menschen einer Bewährungsprobe aus. Alle die eine Bewährungsprobe bestehen müssen, haben es vielmehr mit ihren eigenen schlechten Antrieben zu tun. Diese sind es, die locken, ködern, damit sie versagen.“


Genauso in 1 Petr. 4,12 „Lasst euch durch das Feuer der Verfolgung, das euch zur Prüfung geschieht, nicht befremden, als begegne euch etwas Fremdes.“


Weder Gott noch der Teufel führen den Menschen in die Verzweiflung hinein, diese kommt vielmehr aus der eigenen Persönlichkeit des Verzweifelten heraus.


Der biblische Befund lässt folglich die Übersetzung „Versuchung“ als nicht besonders treffend erscheinen. Besser wäre es hier von „Probe“ oder „Erprobung“ zu sprechen. Weiterhin ist klar, dass es nicht Gott ist, welcher auf die Probe stellt, sondern ein Anderer. Die biblische Lesart lässt sowohl den Teufel als auch den betroffenen Menschen selbst infrage kommen.   


Nun stellt sich die Frage, wie die alte Kirche mit dieser Textstelle umgegangen ist


Um 200 nach Christus schreibt Tertullian über unseren „Vater Unser“ Vers: „Fern sei der Verdacht als versuche der Herr! Das wäre als ob er den Glauben eines jeden nicht kenne, oder sich freute ihn zum Falle zu bringen. Schwäche und Bosheit ist Sache des Teufels.“ (De oratione 8) Anders bei Origenes (um 235): Hier finden wir den Begriff „Peirasmos“ im Sinne von Prüfung. Im christlichen Leben zeigt sich, bei wem das Wort Gottes auf fruchtbaren Boden gefallen ist und bei wem nicht. In diesem Sinne ist es weder der Teufel noch der Mensch, der auf die Probe stellt, sondern schlicht das Lebensschicksal, durch welches die Tiefe und Lebendigkeit der Gottesbeziehung geprüft wird.


In der unterschiedlichen Orientierung zwischen den beiden Vätern mag das unterschiedliche Denken und Fühlen zwischen der Ost- und der Westkirche aufscheinen, auf jeden Fall liegt die Deutung des Origenes wieder näher am alttestamentlichen Verständnis des Wortes.


Bei Cyprian (Liber de oratione dominica) finden wir dann eine möglicherweise bereits auf Marcion zurückgehende Lesart: „Lass nicht zu, dass wir in Versuchung geführt werden.“


Adolf von Harnack hat sich mit Bedeutung und Auslegung der sechsten „Vater Unser“ -Bitte, sowie mit dem Wort „peirasmos“ intensiv beschäftigt und kam zu dem Schluss, dass die ursprüngliche hebräische Bedeutung, welche durch den Terminus „peirasmos“ ausgedrückt werden sollte, in der alten Kirche schon bald nicht mehr richtig verstanden wurde. Am ehesten meint Harnack dieses ursprüngliche Verstehen noch bei Origenes zu finden.


Harnack selbst wählt folgende bewusst schwerfällige Übersetzung der Bitte: „Führe uns nicht in Leiden, das uns mit dem Abfall bedroht.“ Griffiger könnte man sagen: Verschone uns vor übermäßigem Leid, damit wir den Glauben nicht verlieren.   


In dieser „Vater Unser“-Bitte geht es folglich nicht um kleine menschliche Versuchungen, sondern um Alles. Kann ich im Glauben die Freiheit der Gotteskindschaft als Bruder oder Schwester Jesu leben oder falle ich zurück in das Übel, in die böse Sklaverei Ägyptens, in den geistigen Tod?


Kehren wir zurück zu den Vätern.


Bei Hilarius von Portier (um 365) heißt es im Psalmenkommentar: „verlasse uns nicht in einer Versuchung, die wir nicht ertragen könnten.“

 


Ambrosius (um 385) erläutert in de sacramentis unsere Bitte wie folgt: „lass es nicht zu, dass wir in Versuchung hineingeführt werden, sondern befreie uns von dem Bösen. “


Rund zehn Jahre später beschreibt Augustinus das „Vater Unser“. Den biblischen Text übersetzt er mit: „und führe uns nicht in Versuchung“, gleichzeitig verweist er darauf, dass viele Christen das „Vater Unser“ mit folgenden Worten sprechen: „und lass es nicht zu, dass wir in Versuchung hineingeführt werden.“ Offensichtlich ist die Gebetspraxis, die er ja auch aus Mailand kennt, für ihn eine legitime Interpretation des biblischen Textes.   


Hieronymus (um 415): Kennt den „Vater Unser“-Vers in folgender Variante: „Führe uns nicht in Versuchung, die wir nicht tragen können.“ Hier klingt wie bereits ein halbes Jahrhundert zuvor bei Hilarius 1 Kor 10,13 mit an: „Gott ist treu, er wird nicht zulassen, dass ihr über eure Kraft hinaus versucht werdet.“


In der offiziellen westlichen Liturgie des ersten Jahrtausends (zumindest dort wo die Vetus Latina benutzt wurde, lautete die liturgische Fassung: „ Und dulde es nicht, dass es uns geschieht, dass wir in eine Versuchung geführt werden, sondern befreie uns von dem Bösen.“ Mit der karolingischen Reform setzte sich dann die Vulgata durch und mit ihr die heute übliche Lesart: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“ Papst Franziskus regte unter Bezug auf einen Beschluss der französischen Bischöfe an, die Übersetzung dieser Bitte zum Beginn des neuen Kirchenjahres in „lass uns nicht in Versuchung geraten“ zu ändern. Die ökumenische Gute Nachricht Bibel überträgt: „Lass uns nicht in die Gefahr kommen, dir untreu zu werden“. Der Neutestamentler Klaus Berger schlägt eine andere Übersetzung vor. Seiner Meinung nach wäre es zutreffender, zu sagen: „Führe uns an der Versuchung vorbei." Auch der Theologe und Philosoph Rupert Lay bietet eine Alternative. „Und führe uns auch in der Versuchung!" Eine ganz andere Variante findet sich in der "Bibel in gerechter Sprache". Dort ist diese Bitte des „Vater Unsers“ so übersetzt: „Führe uns nicht zum Verrat an dir!"

(vgl. Ad Fontes International 1/2016)



Ein paar Gedanken zu unserer Kirche und zum Neuen Jahr

„Mit meinem Gott überspringe ich Mauern, auch Kirchenmauern!“

Von P. Gerhard Seidler OPR


Marie-Luise Kaschnitz schreibt:

Befreit hast Du uns   -

befreit zur Freiheit der mündigen Kinder Gottes.

Erlöst hast Du uns.

Deshalb mutest Du uns zu, dass wir,

die so oft Lieblosen   -  Deine Liebe sind;

die Entstellten  -  Deine Schönheit,

die Rastlosen  -  Deine Ruhe,

die Wortlosen  -  Deine Rede,

die Erbarmungshungrigen  -  Deine Vergebung.


Wir sind lebendiges Zeugnis der Inkarnation, der menschgewordenen Liebe Gottes und  -  so Gott will  -  lässt sich dadurch die Tiefe des „Lebens in Fülle“, das, was „Reich Gottes“ ausmacht erahnen.

Bei Teresa von Avila lesen wir: „Nichts verwirre dich, nichts erschrecke dich, alles geht vorüber, Gott ändert sich nicht. Wer Gott besitzt, dem mangelt nichts.“

Erasmus von Rotterdam schreibt: „Ich ertrage also diese Kirche, bis ich eine bessere sehe, und sie ist gezwungen mich zu ertragen, bis ich besser werde.“

Paul Claudel sagt: “Du wärst am Ende, wenn du nicht eins wärst mit dem, der keine Grenzen kennt.”

Voll von grenzenlosem Gottvertrauen richtet sich ein Kernsatz von Heinrich Spaehmann an uns: „Vertraue darauf, dass alles was dir widerfährt von der Liebe Gottes verantwortet wird.“

Dort, nur dort erfahre ich Heimat, wo ich verstehe und verstanden werde, wo ich Vergebung erfahre und selbst vergebe.


Und so träume ich von meiner Kirche

in der ich offen meine Meinung sagen kann;

in der jeder mit seinen Fähigkeiten und Talenten dabei sein kann;

in der getragen wird, dessen Biographie nicht so glatt verlaufen ist;

in der Umkehr ernstgenommen und Annahme vorgelebt wird;

in der vergeben und beseelen wichtiger sind als befehlen

... und ich setze dabei auf Gottes Heiligen Geist.


So brauchen wir in einer Welt, die angeblich Werte schafft, keinen neuen Wertkodex um uns zu begreifen und zu organisieren. Wir brauchen Wahrhaftigkeit und Rückbesinnung auf den „Glauben, der Türen öffnet, Liebe, die menschliches Zusammensein fördert und Hoffnung, die ermutigt, endlich damit zu beginnen“. (Volker Schulte)


Es ist Unsinn sagt die Vernunft

es ist was es ist sagt die Liebe.

Es ist Unglück sagt die Berechnung

es ist nichts als Schmerz sagt die Angst

es ist aussichtslos sagt die Einsicht

es ist was es ist sagt die Liebe.

Es ist lächerlich sagt der Stolz

es ist leichtsinnig sagt die Vorsicht

es ist unmöglich sagt die Erfahrung

es ist was es ist sagt die Liebe.                                 

(Erich Fried)



Gehört das Christentum (noch) zu Deutschland?


(K.M.) Im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat das Institut für Demoskopie in Allensbach den religiösen Wasserstand in Deutschland ermittelt. Während nach dem zweiten Weltkrieg noch über 90 % der Bevölkerung einer christlichen Kirche angehörten, waren es nach der Wiedervereinigung noch 72%. Heute bezeichnen sich noch rund 55% der Menschen in Deutschland als Christen. Nahmen in den Jahren unmittelbar nach dem Krieg noch rund zwei Drittel aller Christen am kirchlichen Leben mehr oder weniger regelmäßig teil, ist es heute noch ein gutes Drittel. Auf die Gesamtbevölkerung gesehen hat sich damit die mehr oder weniger regelmäßige Teilnahme am kirchlichen Leben von 60% auf 20% reduziert. Von diesem Wert ist noch einmal die christliche Kerngemeinde zu unterscheiden, welche mehr oder weniger an allen Gottesdiensten und Gemeindeveranstaltungen teilnimmt, dieser Gruppe dürften 5 - 10 % aller Kirchenmitglieder angehören, folglich ca. 3-4% der Gesamtbevölkerung. Bezüglich familiärer christlicher Riten pflegten 1965 noch 29% aller Westdeutschen das Tischgebet, im Gegensatz zu 9% heute.

Bezüglich der christlichen Glaubensinhalte ergibt sich für Westdeutschland im Vergleich von 1986 zu heute folgendes Bild:  Glauben Sie, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist? Dieser Wert hat sich von 56% auf 41% der Westdeutschen verringert. Glaubte damals noch jeder zweite Westdeutsche, dass Gott die Welt erschaffen habe, so bekennt sich jetzt nur noch ein Drittel der Bevölkerung zu dieser Aussage. Der Glaube an die Auferstehung der Toten hat sich von 38% auf 28% verringert. An die Dreifaltigkeit glaubten damals 39% und heute noch 25%. Bei Katholiken ist der Prozentsatz immer etwas höher anzusetzen als bei Protestanten, so verstehen sich 65% aller Katholiken als gläubig, während dies nur 54% aller Protestanten von sich behaupten. Allerdings ist der Anteil der gläubigen Protestanten in den vergangenen 30 Jahren um 3% gewachsen. Dies könnte ein positiver Hinweis darauf sein, dass der Bodensatz der Verdunstung mittlerweile erreicht wurde.

Aus diesen Zahlen ergibt sich folglich, dass sich etwas mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung als Christen bezeichnet und sich weiterhin deutlich mehr als die Hälfte dieser Gruppe als gläubige Christen bezeichnet. Also etwa 25% bis 30 % der Gesamtbevölkerung. Gleichsam korreliert mit dieser Zahl das Bekenntnis zu den wesentlichen christlichen Glaubensaussagen, nicht jedoch die etwas niedriger liegende mehr oder weniger aktive Teilnahme am Gemeindeleben.

Das Christentum wird allerdings nicht nur als Religion wahrgenommen, sondern auch als Kultur. 63% der Menschen in Deutschland sind der Meinung, dass das Christentum unser Land durch seine Werte prägt. 56% sagen, Deutschland sei ein christliches Land und solle seine religiösen Symbole auch öffentlich zeigen. 85% lehnen es ab, einen christlichen Feiertag zu streichen und dafür einen muslimischen zu installieren. 

Als gegenwärtige Hauptherausforderung des Christentums wird von der Allensbachstudie allerdings nicht die anhaltende muslimische Zuwanderung (inzwischen 6% der Bevölkerung) verstanden, sondern einerseits die Lauheit der Christen mit ihrer eigenen Religion und andererseits die Pseudoreligion unserer Zeit, die Ökologiebewegung, welche mittlerweile zahlreiche Handlungsanweisungen, Glaubenssätze und Speisevorschriften erlassen habe. (Quelle: FAZ 20.12.17)



Impressum:

Redaktion: Klaus Mass, Kapellenstraße 7, 85254 Einsbach, pfarramt-christ-katholisch@web.de

Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht unbedingt die Lehrmeinung der Kirche wiedergeben.

Leserbriefe sind stets erwünscht.




In Jesus hat sich Gott geoffenbart, nicht verborgen

Von Klaus Mass


Weil Gott die Liebe ist, kann das Geschöpf für den Schöpfer nicht lediglich Objekt sein, sondern muss von diesem stets als zu liebendes Subjekt – als personales Du – wahrgenommen werden. Die Allmacht Gottes kann sich, wie das Ereignis des Kreuzes lehrt, nicht anders als durch die Ohnmacht der Liebe als real erweisen. Woraus sich das „Mit-Lieben“ als Sinn der Schöpfung, als transzendentale Freiheit der Geschöpfe erweist. Beten bedeutet nicht Bitten und Betteln, sondern Teilhabe am Dienst Gottes. In respektvoller Achtung vor der liebenden Freiheit der menschlichen Existenz kann Gott nicht gegen oder ohne sein Geschöpf handeln. Das Verhältnis zwischen Gott und seiner Schöpfung ist somit ein interkommunikatives, oder in der Sprache Hans Urs von Balthasars ein dramatisches. 

Letztgültig erkennbar, erfahrbar, lebendig wird die immerwährende Kommunikation (die Offenbarung) Gottes mit seiner Schöpfung in der Bundesstiftung Gottes mit Abraham, Noah und Mose. Dies ist es, was Juden und Christen als Heilsgeschichte beschreiben. Die Schöpfung eines Volkes aus den Völkern. Zunächst durch die immerwährende Erwählung des Gottesvolkes Israel und in Folge die Sammlung des Volkes aus den Völkern. So will Gott zur Darstellung kommen durch das Volk Israel und durch die Kirche, nicht jedoch durch Rasse oder Institution, sondern durch die freie Antwort des einzelnen Menschen in Volk und Kirche, durch die persönliche Realisierung des göttlichen Heilswillen in der lebendigen Umsetzung von Tora und Evangelium. Somit darf die Schrift weder als vergangene Geschichte Gottes mit den Seinen, noch als theoretische Lehre der Gläubigen über Gott missverstanden werden. Die Schrift ist vielmehr das Medium (das Sakrament), die Gabe und Aufgabe, durch welches sich Gott als Zukunft in den konkreten Alltag jedes Menschen hinein vermittelt. 


1946 wurden Aufzeichnungen aus dem Ghetto von Kovno gefunden , welche von folgender Frage der Gemeinde an ihren Rabbi berichten: Können wir, von den Deutschen versklavt, noch angemessen das Morgengebet verrichten, in welchem es heißt: „ich danke Gott, der mich nicht zum Sklaven machte“. Die Antwort des Rabbis: „Unter keinen Umständen dürfen wir dieses Gebet aufgeben. Es geht doch nicht um unsere physische Gefangenschaft, sondern um unsere spirituelle Freiheit.“

Eine andere Frage aus jener Zeit stammt aus Ausschwitz: 1600 Jugendliche sollten für die Sklavenarbeit selektiert und die körperlich kleinsten von diesen vergast werden. Für jeden der fehlt, soll ein anderer ergriffen werden. Angesichts dieser Lage befragt nun ein verzweifelter Vater den einzig verfügbaren Rabbi in seiner Umgebung. Dürfe er die jüdischen Kapos bestechen und für das Leben seines Sohnes einen anderen Jungen sterben lassen? Der Rabbi weiß ihm keinen Rat auf diese Frage zu geben, wodurch der Vater versteht, dass es Unrecht wäre einen anderen sterben zu lassen. Der Vater stellt nicht die Frage, wie Gott diese Hölle zulassen könne, sondern betet: „Der Herr möge meine Entscheidung annehmen wie die Bindung Isaaks durch Abraham.“ So trägt der Mann trotz aller Verzweiflung die Tora, seinen gelebten Glauben an die Gegenwart Gottes in die Hölle von Ausschwitz. Hoffend, das dieser Gott alle Sünde und jeden Tod zu überwinden vermag.


Die gottlose Schoa hat viele Menschen an ihrem Glauben irre werden lassen, andere wie der Arzt und Philosoph Viktor Frankl oder Jean Marie Lustiger fanden zu einem neuen und vertieften Verständnis ihrer Religion. Lustiger, der spätere Kardinal von Paris, wurde 1926 in Paris geboren und von seinen aus Polen eingewanderten Eltern Aron genannt. Aron wuchs in einer klaren jüdischen Identität auf: „Wir sollten anders als die Goyim, die Nicht-Juden, gut handeln, weil Gott uns mit der Verwirklichung der Gerechtigkeit beauftragt hat. … Ich hatte das „Bewusstsein eines großen Erbes, einer bedeutenden Geschichte und einer großen Verantwortung“. Das Heidnische an den Heiden ist für Lustiger die Ablehnung der Erwählung des Volkes Israel durch Gott und das heidnische im Volk ist das Sein Wollen wie alle Völker. Die Wurzel des Antisemitismus ist für ihn daher niemals der Glaube, sondern stets das Heidnische. „Ich glaube, dass der Antisemitismus Hitlers aus dem Antisemitismus der Aufklärung, und nicht aus einem christlichen Antisemitismus hervorgegangen ist.“ Das Christentum war in seiner Lesart zwar oft antijüdisch, kaum aber antisemitisch. Sobald der Christ zum Antisemiten wird, hört er auf ein Christ zu sein, denn er weiß nicht mehr, dass das Christentum an der Erwählung Israels partizipiert. Selbstverständlich habe es auch vor der Aufklärung christliche Judenverfolgung gegeben, nie aber einen Zweifel an der Erwählung des Volkes durch Gott. Diesen Zweifel, den Kern des Antisemitismus, bringt erst die Aufklärung mit sich.


Sein Christ werden beschreibt Lustiger als vertieftes Ankommen in dem, was er von Jugend auf gelernt habe. Indem er Christ wurde, habe er nicht aufgehört Jude zu sein. Und doch musste der Jude Christ werden, da er im Christentum die Bestimmung des Judentums erkannte. Jesus ist kein Ersatz für Israel sondern dessen Verwirklichung, indem sich Gott in Jesus preisgibt. So ist für Lustiger jeder Jude, auch wenn er dies nicht versteht oder sogar explizit leugnet, auf dem Weg zu Christus. Im Juden Jesus offenbare sich nicht nur der Wille Gottes, sondern dessen Wesen, nämlich die Beziehung des Vaters zum Sohn und vom Sohn zum Vater.  Wer den Sohn sieht, sieht den Vater. Es lässt sich über Gott nichts anderes sagen als über Jesus Christus. Wer Jesus als den Christus glaubt, kann von der Macht Gottes nicht anders reden, als von der Macht des gekreuzigten und auferstandenen Christus. So wird auch Ausschwitz für Lustiger zu einem Teil des Leidens Christi. Kreuzigenden Hass, ob auf Golgotha oder in Ausschwitz, beantwortet Gott mit dessen Gegenteil, mit Liebe, die nichts und niemanden – auch die Henker nicht – ausschließt. So wird Hass und Gewalt durch Gott nicht in Tod, sondern in Erlösung, in Auferstehung gewandelt. 

Für Lustiger kann man Jesus nicht als Christus verstehen, wenn man in ihm nicht auch den Gott Israels erkennt. Jesus bezeichnet nicht nur den Weg zum Vater, sondern er ist es. Die einzig legitime Judenmission besteht für den Kardinal darin, dass Christen so leben, dass ihre jüdischen Geschwister an ihnen abzulesen beginnen, dass der erhoffte Messias mit Jesus aus Nazareth identisch ist. Die Mission des Christentums kann nicht wie eine imperialistische Flagge in neuem Land aufgepflanzt, sondern nur in zerknirschte (bekehrte) Herzen eingeschrieben werden.   


Von Mose aus der Sklaverei Ägyptens herausgeführt, empfängt das Volk Israel auf dem Gottesberg die Tora in Gestalt der Gesetzestafeln. Gott selbst konstituiert sich hier ein Volk als Alternativgesellschaft zu den anderen Völkern dieser Welt. Dieses Volk wird jedoch nicht um seiner selbst Willen konstituiert, sondern als unübersehbares und unvergängliches Zeichen unter den Völkern. Israel wurde befreit, um zum Zeichen der Freiheit zu werden.

In dieser Freiheit konnte Maria, ein ganz konkretes, individuelles und persönliches Ja zum Willen Gottes (Tora) sagen. „Mir geschehe nach deinem Wort“ Gott handelt nicht an oder durch Maria, sondern mit ihr: „Und das Wort ist Fleisch geworden.“ Die Mutter Jesu wird durch ihr freies Handeln, durch ihre konkrete Realisierung der Tora, zum Urbild Israels und der Kirche. Durch ihre Antwort wird Gott einer unter uns. Während die Schrift den Logos nur zu vermitteln vermag, tritt uns der Logos in Jesus unmittelbar entgegen. Gott verkleidet sich nicht im Menschen Jesus, sondern er offenbart sich in diesem.



6 Er war Gott gleich, /

hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein,

7 sondern er entäußerte sich /

und wurde wie ein Sklave / und den Menschen gleich. / Sein Leben war das eines Menschen;

8 er erniedrigte sich /

und war gehorsam bis zum Tod, / bis zum Tod am Kreuz.

9 Darum hat ihn Gott über alle erhöht /

und ihm den Namen verliehen, / der größer ist als alle Namen,

10 damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde /

ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu

11 und jeder Mund bekennt: /

«Jesus Christus ist der Herr» - / zur Ehre Gottes, des Vaters. (Phil 2,6-11)


In Jesus tritt uns der Mittler, der Erlöser entgegen, da er weder von seiner Menschheit, noch von seiner Gottheit getrennt werden kann. Theologisch liegt hier die entscheidende Frage an alle christologischen Entwürfe. Halten diese den Menschen und den Gott gleichermaßen aus, oder kippen sie an irgendeiner Stelle in die eine oder andere Richtung?

In Jesus zeigt sich Gott als die Liebe, die unbedingte Freiheit erst ermöglicht. Die Allmacht Gottes ist eben nicht anders als durch die Ohnmacht der gekreuzigten Liebe zu finden. Hätte Gott den Kreuzweg verhindert oder wäre Jesus vom Kreuz gestiegen, hätte der Verrat des Judas, oder das Schwert des Petrus gesiegt, so wären wir in der Logik dieser Welt und in der Kraft der Sünde verblieben und müssten auf einen anderen warten, der die wehrlose Liebe des Gekreuzigten in Freiheit realisiert, der Anteil hat am Abstieg in das Reich des Todes und an der Auferstehung von den Toten.

Keineswegs ist das Kreuz zufällig zum Erkennungszeichen der Christen geworden. Wenn diese am Karfreitag das Instrument der Folter und des Todes küssen, dann legen sie ein ungeheuerliches Bekenntnis ab. Sie bekennen sich zu einem Gott, der sich lieber kreuzigen lässt, als irgendetwas mit Gewalt zu erzwingen und gerade so in wehrloser Liebe auch mein Kreuz zu überwinden vermag. Wer sich mit dem Kreuz bezeichnet, bekennt den festen Glauben daran, dass die gekreuzigte Liebe stärker ist, als alle anderen Mächte und lässt sich durch den heiligen Geist in die gekreuzigte  - dem Nächsten die Füße waschende - Liebe mit einbeziehen.   


Literatur: Karl Heinz Menke, Jesus ist Gott der Sohn, Regensburg 2012




Liturgiewerkstatt

„Lasset uns danken“

Der erste Probedruck eines christ-katholischen Gebet- und Gesangbuches ist erschienen

Von Frederik Herzberg


Das vorliegende Gesang- und Gebetbuch erscheint in zwei Bänden begleitend zum neuen Altarbuch der Christ-Katholischen Kirche in Deutschland, der deutschsprachigen Administratur der altkatholischen Union von Scranton. Die Mutterkirche der Union von Scranton ist die Polnisch-Katholische Nationalkirche Nordamerikas (Polish National Catholic Church), bis 2003 die größte Mitgliedskirche der Utrechter Union. Die Kirchen der Union von Scranton verbinden orthodoxe Theologie1 mit westlichem Ritus – und stehen, wie die Ostkirchen, mit der römisch-katholischen Kirche in communio in sacris nach can. 844 CIC.

Der Hauptband des vorliegenden Buches (bis S. 307) bietet das Ordinarium aus dem neuen Altarbuch und einen Liedteil samt Gebetsanhang. Im Ergänzungsband finden sich ausgewählte Messen nach dem neuen Altarbuch. Damit beide Bände eigenständig einsetzbar sind, wurden Redundanzen in Kauf genommen.

Das neue Altarbuch der Christ-Katholischen Kirche in Deutschland ist der Versuch einer liturgiewissenschaftlich reflektierten Erneuerung der westlichen Tradition eucharistischer Liturgien in altkatholischer Perspektive. Hierbei wird (wie bei zahlreichen anderen altkatholischen Arbeiten dieser Art) bewusst auch die Möglichkeit einer Integration von Elementen der ostkirchlichen Riten vorgesehen – was es erlaubt, im Sinne KLAUS GAMBERs »Kraft aus dem Ursprung«2, also dem liturgischen Reichtum der Orthodoxie, zu schöpfen. Als Ergebnis ermöglicht das neue Altarbuch der Christ-Katholischen Kirche, ebenso eine Messe nach erneuertem römischen Ritus wie auch eine Liturgie mit zahlreichen byzantinischen Elementen zu zelebrieren.

Weitere Optionen sind beispielsweise der west- und ostsyrischen, der anglikanischen sowie auch der älteren lutherischen Tradition entnommen. Das hier vorliegende Material bildet nur einen Ausschnitt der vom neuen Altarbuch gebotenen liturgischen Möglichkeiten ab. Das Altarbuch kennt weitere Eucharistiegebete und natürlich auch weitere Gottesdienste (z.B. Vigil, Laudes, Große Wasserweihe, Weihe der vorgeweihten Gaben, Kreuzweg). Des Weiteren sind die Rubriken gekürzt worden. Das daraus hervorgegangene ›Missalette‹ ist vor allem als Hilfestellung bei der Einführung des neuen Altarbuchs in unseren Gemeinden und an weiteren Gottesdienstorten unserer Kirche gedacht. Ferner soll es Außenstehenden und Neumitgliedern unserer Kirche den Mitvollzug der Liturgie (plena et actuosa participatio3) erleichtern. Zu diesem Zweck wurde ein Liedteil erstellt und die im Ergänzungsband abgedruckten Liturgien wurden weitgehend vertont eingerichtet. Angesichts abnehmender Kirchenbindung und zurückgehender (nicht nur »religiöser«) Musikalität in weiten Teilen der Bevölkerung wurden vor allem sehr bekannte oder recht einfache Lieder bzw. Gesänge aufgenommen – unter Letzteren auch viele aus alt-und ostkirchlichen Choraltraditionen. Aus demselben Grund wurden auch bei Weitem nicht alle Möglichkeiten musikalischer Variation zwischen den Liturgien, soweit stilistisch vertretbar, ausgeschöpft. Zuweilen wird man das vorliegende Werk in der Praxis durch einen Liedzettel oder sogar ein weiteres Gesangbuch ergänzen wollen. In einem ersten Schritt geht es nun darum praktische Erfahrungen zu sammeln und daraus zu lernen. Ein herzlicher Dank gilt allen, die durch wertvolle Hinweise die redaktionelle Arbeit hieran unterstützt haben, allen voran Generalvikar KLAUS MASS, aber ebenso auch Kurat Dr. DANIEL GERTE, Diakon FRIEDRICH HARTMANN, Pfarrer WINFRIED KÜTTNER, Ph.D. und nicht zuletzt Pater GERHARD SEIDLER OPR.


Weitere Informationen und Bestellungen bei Prof. Dr. Frederik Herzberg



Ursprünge des Altkatholizismus (6.Teil)

Der letzte Abgesang des alten Reiches

Vorlesung von Mag. theol. Günther Thomann ThD (Hon)


Dozent für Kirchengeschichte am neuen Studienhaus St. Benedikt - Anglikanisch- Theologisches Seminar, Schwarzenborn (www.benedikt-seminar.de) und Pfarrer der anglikanischen Mission „King Charles the Martyr“ in Nürnberg. Zuletzt erschien von Günther Thomann, gemeinsam mit Arne Giewald: The Lutheran High Church Movement in Germany and its Liturgical Work, bei LuLu.


3.6 Der letzte Abgesang des alten Reiches. Karl Theodor von Dalberg und Ignaz Heinrich von Wessenberg, der letzte Bistumsverweser von Konstanz.


Karl (Carl) Theodor von Dalberg entstammte einem reichfreiherrlichen Geschlecht (Ritteradel) und wurde am 8. Februar 1744 in Mannheim geboren. Er war der letzte wirkliche Kirchenfürst nach dem Typus des Kirchenfürsten des 17. und 18. Jahrhunderts. Er hatte noch nichts von dem frommen, papsttreuen und bürgerlichen Bischof des 19. Jahrhunderts an sich. Er war ein Freund der Weimarer Dichter Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), Friedrich von Schiller (1759-1805) und Johann Gottfried von Herder (1744-1803), Mitglied mehrererwissenschaftlicher Akademien, er hatte eine Geliebte, säkularisierte selbst (z.B. die Kartause in Mainz) und hasste den gregorianischen Choral, den er sogar mit Militärgewalt unterdrücken ließ. Dalberg war ein gerissener Politiker, der es verstand, aus den Wirren der Napoleonischen Kriege Kapital zuschlagen und seine Herrschaft zu erhalten. Er war sukzessive Bischof von Konstanz, Worms, Erzbischof von Mainz, und damit der letzte Primas Germaniae und Reichserzkanzler des Heiligen römischen Reiches. Er starb am 10. Februar 1817 als Bischof von Regensburg, zwei Jahre nach Ende des Wiener Kongresses (18. September 1814- 9. Juni 1815). Der berühmte Wenzel Lothar Graf (später Fürst) Metternich (1773-1859), die graue Eminenz der österreichischen Politik und der Architekt des Wiener Kongresses und des Deutschen Bundes, war sein Neffe. Dalberg genoß eine katholische Erziehung, die aber bereits den Bildungsidealen des 18. Jahrhunderts entsprach. Auch er studierte Rechtswissenschaften an einer protestantischen Universität, Heidelberg, die er 1761 dort abschloß und in Mainz fortsetzte. 1762 begab er sich auf eine Bildungsreise nach Italien (diese gebildeten Kavaliersreisen waren im 18. Jahrhundert sehr beliebt und angesehen), lernte in Rom den Archäologen Johann Joachim Winkelmann (1717-1768), den Freund Goethes kennen, und setzte sein Studium an der kaiserlich orientierten Universität Pavia in der Lombardei fort. 1765 trat er in kurmainzische Dienste, die er erfolgreich vertrat. 1779 wurde er Chorherr in Würzburg, 1786 Chorherr in Mainz, weitere Kanonikate folgten in Worms und Konstanz. Dalberg war also Pluralist, wie man es damals so nannte, er hatte die Einkünfte mehrerer Kanonikate. 1771 wurde er bereits kurmainzischer Verwalter von Erfurt, 1780 wurde er Propst von Wechterswinkel und Rektor der Universität Würzburg, 1797 Dompropst in Würzburg, ein Jahr darauf Mitglied der Gelehrtenakademie Leopoldina (gegründet 1652 in der Reichsstadt Schweinfurt, der ältesten Gelehrtenakademie auf deutschem Boden), später Mitglied der Bayerischen und der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Zwischen 1770 und 1780 nutzte er seine Zeit in Thüringen zu Kontakten nach Weimar, reformierte die Universität Erfurt und förderte die Volksbildung im Sinne der Aufklärung. Er verbesserte auch das Theologiestudium, die Predigt und Katechese. Er war Mitglied im geheimen Illuminatenorden (Ordensname: Baco von Verulam), den Freimaurern trat er jedoch nicht bei, förderte sie aber. Eine steile Karriere hatte er bereits hinter sich, als er 1787 zum Koadjutor von Mainz gewählt wurde, mit preußischer Unterstützung übrigens. Eine steile Karriere sollte noch folgen, 1787 folgte die Wahl zum Koadjutor von Worms, 1788 die Wahl zum Koadjutor von Konstanz. Dalberg war ein kirchlicher Karrierist. Allerdings wurde er erst 1787 in Bamberg zum Priester geweiht, da die niederen Weihen für die Einkünfte aus Präbenden genügten. 1788 ernannte ihn Pius VI. zum Titularerzbischof von Tarsus, am 31. August empfing er in Aschaffenburg die Bischofsweihe. Im Juli 1789 brach die Französische Revolution aus und kurz darauf marschierten die Revolutionstruppen zum Rhein. Von nun an war das alte Reich am Zerbrechen. 1798 wurde Mainz von den Franzosen erobert, Dalberg residierte von nun an in Aschaffenburg, einem rechtsrheinischen Teil seines Erzstiftes. 1800 wurde er der letzte Fürstbischof von Konstanz, im Juli 1802 der letzte regierende Fürstbischof und Kurfürst von Mainz und Fürstbischof von Worms ‚in pluralibus‘. Allerdings beschränkte sich sein Herrschafts- und Jurisdiktionsbereich auf die rechtsrheinischen Gebiete, die linksrheinischen waren bereits von Frankreich vereinnahmt worden und gehörten zur französischen Kirche, was auch im Napoleonischen Konkordat von 1801 festgelegt worden war. Dalberg aber gelang es, das Fürstentum Aschaffenburg für sich errichten zu lassen, später, von 1810-1813 war es sogar die Hauptstadt des für ihn geschaffenen Großherzogtums Frankfurt, da er das Kurfürstentum Regensburg 1810 wieder verloren hatte. Dalberg schaffte es sogar, seine Position in gewissem Sinne zu erweitern, da der Reichsdeputationshauptschluß von 1803 seine Ämter auf das kleine Hochstift Regensburg übertrug. Mainz war zu diesem Zeitpunkt bereits, wie man glaubte, endgültig französisch geworden. Frankreich und auch Preußen hatten Ambitionen auf die Rheinlande, da sie bevölkerungsreiche, wirtschaftlich starke Gebiete mit guter Infrastruktur waren-der Rhein war schiffbar. Dalberg hatte damit auch die neue Kurwürde von Regensburg inne, die allerdings nicht lange bestand. Es war die Entschädigung für den Verlust der linksrheinischen Reichsgebiete, die im Reichsdeputationshauptschluß festgelegt worden war, das letztes Reichsgesetz (mit Säkularisation) überhaupt. Dalberg kämpfte nun für die Schaffung des Amtes eines Fürstprimas einer deutschen Nationalkirche, die allerdings nicht von Rom getrennt sein sollte. Dieser Fürstprimas sollte nun von Regensburg aus die Metropolitanrechte (man merkt die Gedanken Hontheims!) über alle rechtsrheinischen Gebiete des Reiches haben, ausgenommen die Hoheitsgebiete Österreichs und Preußens. Der Reichskanzler sollte in Regensburg sein, da dort der Reichstag war. Dalbergs Staat, das Kurfürstentum Regensburg, bestand aus dem Hochstift Regensburg, der mediatisierten (also aufgelösten) Reichsstadt Regensburg, sowie einigen Reichsstiften und der Fürstabtei St. Emmeran, dazu einigen Gebieten des Fürstentums Aschaffenburg, der Grafschaft (vorher Reichsstadt Wetzlar, dem Sitz des Reichskammergerichts) und einigen kleineren Territorien. Dalberg hatte nur das Problem, daß der Bischof von Regensburg noch lebte. Als Joseph Konrad Freiherr von Schroffenberg, Fürstbischof von Regensburg und Freising 1803 schließlich starb, ließ Dalberg das Domkapitel in seine kanonischen Rechte eintreten (in Abwesenheit eines Bischofs hatte das Domkapitel die Jurisdiktionsgewalt), das ihn nun die ‚administratio in spiritualibus‘, die Verwaltung in geistlichen Dingen antrug. Als er Pius VII. um die Bestätigung bat, stieß er auf den Widerstand Kurbaierns, das selbst Ambitionen auf Regensburg hatte. Er bekam lediglich die Bestätigung als Fürstbischof von Regensburg, da man seinen Plänen einer Nationalkirche in Rom mißtraute. Anläßlich der Kaiserkrönung Napoleons und Proklamation des Erbkaisertums Frankreich 1804 versuchte Dalberg mit Pius VII. die Neuordnung des deutschen Kirchenwesens zu verhandeln. Den Titel eines Primas Germaniae durfte er weiterführen, bekam ihn aber päpstlicherseits nicht bestätigt. Da Dalbergs Staat auf schwachen Füssen stand, versuchte er sich, mit Napoleon zu arrangieren. Bei der Schaffung des Rheinbundes ließ er sich von Napoleon bewegen, als Primas an die Spitze des neuen Staatenbundes (das heißt der Verbündeten Napoleons: Bayern, Württemberg, Baden etc.) zu stellen. Schließlich nahm ihm Napoleon das Fürstentum Regensburg weg die Kurwürde war bereits 1806 beim Ende des alten Reiches erloschen) und gab es seinem Verbündeten, dem neu gegründeten Königreich Bayern (Königsproklamation Maximilians I. Joseph am 1. Januar 1806). Dalberg wurde mit dem Großherzogtum Frankfurt (im Wesentlichen die früheren Reichsstädte Frankfurt und Wetzlar sowie das Gebiet des Fürstentums Aschaffenburg) entschädigt, das er von 1810-1813 verwaltete. Dalberg nahm 1811 am Pariser Nationalkonzil teil, denn theoretisch war er immer noch der Erzbischof von Mainz und Bischof von Worms, obwohl Napoleon schon 1801 die Entlassung aller Bischöfe, sowohl des Ancien Régime, als auch der Konstitutionskirche angeordnet hatte. Das Nationalkonzil trat für die Freilassung Pius VII. ein, der in Fontainebleau gefangen gehalten wurde. Nach der Abdankung Napoleons 1814 verlor Dalberg seine weltliche Herrschaft, blieb aber bis zu seinem Tod 1817 Bischof von Regensburg. Sein Nachfolger als Großherzog von Frankfurt sollte Prinz Eugène de Beauharnais, ein Verwandter der Josephine Beauharnais, Kaiserin von Frankreich, werden, aber Napoleon hatte seine Macht bereits verloren. Dalberg war ein zäher Charakter, der sich trotz aller Widerstände nicht geschlagen gab. Er war sicher kein Mann exemplarischer Lebens-und Amtsführung, aber er hatte Vision und versuchte von der Reichskirche zu retten, was zu retten war. Da er auf dem Wiener Kongress letztendlich erfolglos war, starben seine Ideen und mit seinen Ideen auch die Ideen Hontheims. Sein geistiges Erbe verwaltete nun seine rechte Hand, der Freiherr von Wessenberg, der für die Entwicklung des späteren Alt-Katholizismus von Bedeutung werden sollte. Ignaz Heinrich von Wessenberg (4. November 1774 - 9. August 1860), der letzte Bistumsverweser von Konstanz, war Dalbergs Verbündeter und ein ähnlich energischer, aber glückloser Charakter. Wessenberg, der aus schwäbischem Ritteradel stammte, hatte in Augsburg, Dillingen, Würzburg und Wien Theologie studiert. 1801 wurde er von Dalberg zum Generalvikar des Bistums Konstanz ernannt. Wessenberg war damals erst Subdiakon. Erst 1812 wurde er zum Priester geweiht. Auf dem Wiener Kongress bemühte er sich in Dalbergs Auftrag um eine Rekonstruktion der Reichskirche als deutsche Nationalkirche mit einem deutschen Primas. 1814 verweigerte Pius VII. daher die Anerkennung seiner Wahl als Koadjutor und 1817 seiner Wahl zum Bistumsverweser. 1817 wurde er vom Konstanzer Domkapitel zum Bischof gewählt. Da der größte Teil des Hochstifts Konstanz an Baden gefallen war (ein kleinerer Teil an die Schweizer Eidgenossenschaft) unterstützte ihn die mehrheitlich protestantische Regierung von Baden in seiner Funktion. Ein Versuch, ihn zum Erzbischof von Freiburg zu machen, scheiterte am Papst. Am 16. August 1821 löste daher Pius VII. mit der Bulle ‚Provida solersque‘ das Bistum Konstanz, das größte Bistum des Alpenraumes, auf, und gründete das Erzbistum Freiburg aus Teilen mehrererBistümer, vorzüglich für das Großherzogtum Baden. Wessenberg mußte sich ins Privatleben zurückziehen und arbeitete als Autor und Publizist. Als Priester scheint er nicht mehr aktiv gewesen zu sein. Er hinterließ ein stolzes Oeuvre von ca. 470 Publikationen, eine wertvolle Gemäldesammlung und Bibliothek. Sein Ritualbuch, das er für die Diözese Konstanz herausgegeben hatte, wurde später maßgeblich für die deutschen Alt-Katholiken. Es atmet schon den Geist der Aufklärung. Den Aufstieg des Ultramontanismus mußte er bis zu seinem Tod am 9. August 1860 in Konstanz noch miterleben.

Alle Rechte vorbehalten. Copyright: Günther Thomann. Schwarzenborn , Studienhaus St. Benedikt, REKD, 2016 Fortsetzung folgt. Weiterführende Lektüre: alt-katholisch-zeitgemäß. Die Geschichte einer anderen katholischen Kirche, Nordstrand 2009



Etwas zum „Knabbern“ und Überlegen

Das Fürbittenärgernis

Gefunden im „Christ in der Gegenwart“ durch Diakon Friedrich Hartmann


Der liebe Gott ist anscheinend nicht auf dem Laufenden. Diesen Eindruck muss der Teilnehmer katholischer Eucharistiefeiern gewinnen, der „aktuelle“ Fürbitten hört, die sich wie eine Plage per Newsletter aus dem Bistum Trier ausbreiten. Da mussten wir zum Beispiel am ersten Advent beten für „unsere politischen Parteien“, für alle, die „verhärtete Positionen lösen und die richtigen Wege finden, damit wir zueinanderfinden und auch zu einer guten neuen Regierung“. Selbstverständlich wurde das Glyphosat nicht übergangen, daher gebetet „für alle, mit den aktuellen ökologischen Herausforderungen gut umgehen“, mit dem „drohenden Vulkanausbruch in Bali“, mit Autoabgasen und dem Einsatz von Chemie in der Landwirtschaft. Auch die „Verantwortlichen“ im Nordkorea-Konflikt blieben nicht unerwähnt. Die Völker in Myanmar bräuchten endlich Respekt, Bangladesch brauche mehr soziale Gerechtigkeit. Gebetet wurde nach dem Zyankali-Selbstmord eines kroatischen Generals und Kriegsverbrechers vor den Schranken des Gerichts nicht für seine Seele, wohl aber für die Richter, Ankläger und Anwälte bei Prozessen „gegen Kriegsverbrecher, Holocaust-Leugner oder Wirtschafts-Straftäter“. „Kommender Gott: komm und steh uns bei.“

Anscheinend gibt es fast nichts Triviales mehr, was nicht im Gottesdienst seinen Widerhall finden soll, weil „aktuell“. Als ob Gott nicht wisse, was auf Erden vorgeht, wird er mit individuellen und kollektiven Selbstgesprächen, die allenfalls der Psychohygiene oder den „Fabulierkünsten“ theologisch eher unbedarft wirkender gutmeinender Liturgiegestalter dienen, angefleht. Oder schlimmer noch: Aus purer Gedankenlosigkeit.

Ein absurdes kindlich-magisches Gottesverständnis steckt dahinter, das den Erhabenen wie einen Deus ex machina auf die Bühne des Alltagstheaters springen lassen will. Die Religionswissenschaftlerin Karen Armstrong sagte einmal: „Ungeachtet unseres wissenschaftlichen und technischen Scharfsinns ist unser religiöses Denken auffällig unterentwickelt, ja primitiv.“ Sogar „in Lobpreisungen erinnern Christen den HERRN daran, dass er die Welt geschaffen hat und dass sie arme Sünder sind, als ob ihm das entfallen sein könnte“. Es ist höchste Zeit, zur Besinnung und endlich auch im Beten auf die Höhe eines redlichen Glaubensverständnisses im Horizont unserer Welterfahrung zu kommen. Also: wenigstens ein grundlegendes Fürbittenfasten einzuüben.

Das Vaterunser als Bittgebet Jesu selbst und das eucharistische Hochgebet zur Herabsendung des Geistes auf die Gaben von Brot und Wein reichen. Schafft endlich diese infantilen Fürbitten ab, die vor Trivialitäten nur so strotzen!

Lieber Gott, bitte gib „den Verantwortlichen“ die Einsicht, dass du solche Fürbitten nicht brauchst. Wir bitten dich, erhöre uns!


(Lesetipp: Liborius O. Lumma, Fürbitten, Das Allgemeine Gebet in der Eucharistiefeier und anderen Gottensdiensten für alle Zeiten des Kirchenjahres und Fürbitten für besondere Anlässe, 2007, Verlag: Tyrolia, ISBN-10: 3702228640, ISBN-13: 9783702228644)


Josef Bordat

Von Ablasshandel bis Zölibat

Das „Sündenregister“ der Katholischen Kirche

Rückersdorf 2017, 296 Seiten, 17,90


(K.M.) Das schlechteste, was man über das neue Buch von Josef Bordat sagen kann, ist, dass dessen Titel leider auf die völlig falsche Spur führt. Es geht dem Autor im Wesentlichen nicht um eine Apologie des katholischen Glaubens, sondern um dessen Darstellung in kleinen Miniaturen. Was entstanden ist, ist so etwas wie ein ABC des Katholizismus. Bordat, der als Jobo seit Jahren den Versuch eines katholischen Bloggers lebt, geht es darum einer oft religiös ungebildeten und schnelllebigen Kundschaft etwas Tiefergreifendes über den christlichen Glauben und dessen Weltsicht zu vermitteln. Die vielfältigen Querverweise innerhalb der einzelnen Artikel, als auch die Angaben zur weiterführenden Literatur ermöglichen dem Leser etwas von der Dynamik des digitalen Mediums mit in den klassischen Lesegenuss hinüberzunehmen.

Jeder Leser wird sich sicherlich noch den einen oder anderen Artikel hinzuwünschen und die Argumentation des Autors insbesondere aus altkatholischer Perspektive auch nicht immer als erschöpfend empfinden, und dennoch liegt hier ein Buch vor, dass man jedem Suchenden in die Hand drücken kann. Ein Werk, welches Argumente bietet und zugleich zur weiteren Diskussion anregt.   



Buchbesprechungen

von Axel Stark, Akademischer Oberrat i.R. Universität Passau


George Augustin, Die Seele der Ökumene.

Einheit der Christen als geistlicher Prozess,

Ostfildern 2017, Patmos, 221 S., 18 €


Nach Kardinal Kasper gilt es, „gegen allen ökumenischen Aktionismus und Pragmatismus, den Vorrang des geistlichen Ökumenismus zu betonen.“ Pater Augustin SAC, der in Vallendar das Kardinal-Walter-Kasper-Institut für Theologie, Ökumene und Spiritualität leitet, erläutert diese Position seines Lehrers Kasper in diesem Buch. Dieser hat das ausführliche Geleitwort „Geistliche Ökumene“ beigesteuert. Die Einheit der Christen wird nicht als Ergebnis von Verwaltungsmaßnahmen und theologisch als kleinster gemeinsamen Nenner angesehen. Die Einheit der Christen soll vielmehr in der persönlichen Beziehung zu Jesus Christus begründet sein und als ein Geschenk des Geistes Gottes angenommen werden, dem es Geist und Herz zu öffnen gilt. Das geistliche Leben der Christen wird als der Weg zu dieser geschenkten Einheit betrachtet, in der die Vielfalt der Gaben, die der Geist schenkt, eingebracht werden. „Was wir heute brauchen, nicht nur, aber vor allem in der Ökumene, ist eine kopernikanische Wende: Die Kirche und die Kirchen müssen aufhören, um sich selbst, um ihre Ämter und Strukturen zu kreisen, dafür mehr und mehr von Gott, von Gottes Liebe und Barmherzigkeit und über das allen Menschen in Christus zugedachte Heil sprechen. Der Weg zur Einheit aller Christen führt darüber, dass wir alle unsere Kirchenzentriertheit (Ekklesiozentrismus) grundsätzlich einer Beziehung zu Gott (Theozentrik), zu Christus (Christozentrik) und einer Konzentration auf das geschenkte Heil (Soteriozentrik) unterordnen ...“. (S.205/206)


Peter Balleis SJ,

Seht den Menschen.

Die Versuchung zur Macht und das Elend der Flüchtlinge,

Ostfildern 2017, Patmos, 252 S.


Das Buch ist eine „Mischung aus sachlicher Information, Augenzeugenbericht, biblischer Betrachtung, meditativer Reflexion, Berichten aus dem Ordensleben und politischer wie anthropologischer Ursachenforschung“. Autor ist der Jesuitenpater Peter Balleis, 2007-2015International Director des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes „Jesuit Refugee Service“ und seit 2016 Executive President von „Jesuit Worldwide Learning – Higher Education at the Margins“, einer Initiative von Jesuiten-Hochschulen, die weltweit Flüchtlingen, Armen und anderen Menschen am Rand via Internet Zugang zu Hochschulbildung und Studienabschlüssen ermöglicht.Fünf Grundfragen werden im Buch behandelt: „1. Über dem ersten Kapitel steht das WARUM der wiederholten Kriege und des damit verbundenen Leids der Menschen und des Elends der Flüchtlinge. 2. Das Böse ist eine Realität, die viele Fragen aufwirft. WAS sind die tieferen Ursachen dieser realpolitischen Dynamiken? Hier stellt sich die Frage nach den Versuchungen des Bösen, allen voran der Versuchung zur Macht. 3. WIE kann ich und können wir auf diese Dynamiken der Konflikte und Versuchungen antworten? Hier steht das barmherzige Handeln Jesu als Antwort auf die Frage des Wie. 4. WO ist mein, wo ist unser Standpunkt in dieser komplexen und verwirrenden Welt der Konflikte und des Elends der Flüchtlinge? Aus wessen Perspektive schauen wir schauen wir auf die Welt? Für mich als Christen ist es die Perspektive der Verlierer, des Gekreuzigten. 5. WORAUS schöpfen wir die geistliche Kraft und Orientierung, um trotz allem zu handeln und uns der Dynamik des Bösen entgegenzustellen?“ Dieses Buch gibt in der heutigen globalen Krisenzeit wertvolle Hinweise und Informationen, damit man nicht zu leicht den „Destruktiven“ auf den Leim geht.


Norbert Mette,

Nicht gleichgültig bleiben!

Die soziale Botschaft von Papst Franziskus, Ostfildern 2017, Grünewald, 118 S.,


Dass der christliche Glaube keine Privatsache ist, verdeutlicht Papst Franziskus mit seiner sozialen Botschaft. Er spricht alle brennenden Herausforderungen der Gegenwart (Die „Zeichen der Zeit“) an: Flucht, Hunger, Arbeitslosigkeit, ein götzendienerisches Weltwirtschaftssystem, Klimawandel, Kriege und Terror. Er fragt nach den Ursachen dieser destruktiven Entwicklungstrends, beleuchtet sie aus christlicher Sicht und zeigt Wege zur Überwindung der Krisen auf. Dabei setzt er große Hoffnung auf ein weltweites Engagement „von unten“. Angesichts der destruktiven Entwicklungstrends kann zwar Resignation und Fatalismus aufkommen, Franziskus baut dagegen auf der Freude des Evangeliums (vgl. Evangelii gaudium) auf und ist getragen von der Hoffnung und dem Vertrauen auf den liebenden, barmherzigen Gott, der trotz allem bleibend in seiner Schöpfung (vgl. Laudato si ́) präsent ist. Der Dortmunder pensionierte Theologieprofessor Norbert Mette stellt diese soziale Botschaft des Papstes überwiegend im Originalton vor. Er analysiert sie kenntnisreich und inspirierend. Es zeigt sich: der Einsatz für eine bessere Welt ist eine Aufgabe aller Menschen „guten Willens“, ob Katholiken oder nicht.



Kräuterkolumne von Pater Gerhard

Betrachtungen über die Rose


Die Rose / Rosa. „Unter der Rose gesagt“: das sind Gedichte von Hans-Günther Saul, Gedichte der Scham, der Verschwiegenheit und des Gottvertrauens. „La vie en rose“, französisch für „Das Leben in Rosa“. Unnachahmlich besingt Édith Piaf in diesem 1945 geschriebenen Chanson die Gefühle einer verliebten Person, die ihrem Geliebten nahe und daher glücklich ist: „Wenn er mich in seine Arme nimmt, wenn er leise mit mir spricht, dann bin ich im siebten Himmel.“ Ein Gefühlsreigen, der immer schon mit der Rose, der „Pflanze der Sinnlichkeit“ in Verbindung gebracht wird.

Gärtner unterscheiden zwischen Wild- und Kulturrosen. In der griechischen Antike als „Königin der Blumen“ bezeichnet, werden Rosen seit mehr als 2000 Jahren als Zierpflanzen gezüchtet. Das aus den Blütenblättern gewonnene Rosenöl ist ein sündhaft teures Elixier und weit mehr als nur ein wichtiger Grundstoff für die Parfumindustrie.

Einer uralten Überlieferung nach soll die ROSE einst von der ersten Morgenröte auf Erden zurückgeblieben sein. Von da an war sie das Attribut der jeweiligen Liebesgöttin.  Ihrer Anmut, ihres Wohlgeruchs und der zarten Blüten wegen avancierte sie bald zur „Königin der Blumen“. Bereits zur Blütezeit der ägyptischen Pharaonen galt sie als Universalheilmittel.

Hildegard von Bingen berichtet in ihrer „Physica“ über sie:

„Die Rose ist kalt, und diese Kälte hat eine nützliche Mischung in sich. Am frühen Morgen ... nimm ein Rosenblatt, lege es auf deine Augen. Es zieht den Saft, die Triefen, heraus und macht sie klar. … Und wer jähzornig ist, der nehme eine Rose und weniger Salbei und zerreibe es zu Pulver. Und in jener Stunde, wenn der Zorn ihm aufsteigt, halte er es an seine Nase. Denn der Salbei tröstet, die Rose erfreut. Rose werde genommen und die Hälfte davon Salbei unter Beigabe von frischem Fett, das zerlassen ist ... damit daraus Salbe werde, und wo der Mensch vom Krampf oder von der Lähmung geplagt wird, dort soll er gesalbt werden, und es wird ihm besser gehen. Aber die Rose ist auch gut zu Tränken und zu Salben und zu allen Heilmitteln, wenn sie ihnen beigefügt wird, und sie sind umso besser, wenn ihnen etwas von der Rose beigefügt wird.“

Heutzutage gilt gesichert, dass in ihren Früchten, den Hagebutten, Fruchtsäuren, ein wahrer Vitamin-Cocktail, und eine breite Auswahl an Mineralstoffen enthalten sind. Dadurch wirken sie schwach abführend, harn- und schweißtreibend. Die Blüten betören durch kostbares ätherisches Öl. Außer der sinnlichen Komponente entfaltet sich, dank dem enthaltenen Geraniol, eine beachtliche antibiotische Kraft. 6000 Kilogramm Rosenblüten müssen gesammelt und destilliert werden, um einen Liter dieser kostbaren Substanz zu erhalten. Ätherisches Rosenöl besteht aus abertausenden Bestandteilen, von denen erst einige hundert analysiert worden sind. Ein Zauber, ein Geheimnis überlagert diesen Duft. Aber auch die vielen Gerbstoffe sind hilfreich. Sie wirken entzündungswidrig, wundheilend, pilzfeindlich, blutreinigend, antiallergisch, den Blutfluss hemmend und die Stimmung aufhellend.

So gesehen ein „Gedicht für jede Frau“! Die Rose gilt als Venusblume nicht nur für die Vagina. Und - : Männer wie Frauen profitieren von ihrem frohmachenden Wesen.

Stöbern wir noch etwas in der Geschichte.

Die Heckenrose, als "Friggas Dorn" der mütterlichen Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin heilig, besaß Zauberkraft. Aus Dankbarkeit für den Beistand bei schweren Geburten vergruben nach gutem Verlauf Hebammen die Nachgeburt unter einem Rosenbusch. Der sagenhafte "Rosengarten" des Zwergenkönigs Laurin war nichts anderes als eine blumige Umschreibung für Kampf, Blut, Tod und Untergang auf dem Schlachtfeld. "Rosen" nannte man die durch ein Schwert geschlagenen Wunden und ebenso bezeichnete man besonders gute und wertvolle Schwerter.

Die Rose steht für viele Geheimnisse. "Was wir hier kosen, bleibt unter den Rosen." Sub rosa dictum verpflichtete zur absoluten Vertraulichkeit. Papst Hadrian ließ deshalb mit Rosenschnitzereien Beichtstühle verzieren. Verbindet man jeweils die Spitzen der übernächsten Kelchblätter einer Rose miteinander, erhält man den Drudenfuß, das Pentagramm. Dieses uralte Zauberzeichen stand für das Geheimnisvolle. Die Rosenkreuzer, eine Geheimgesellschaft, führen die Rose als Symbol der Verschwiegenheit in ihrem Namen. Sinnreich spielt mit diesen Bezügen auch Umberto Ecco in seinem Roman "Der Name der Rose". Den Alchemisten galt sie als Blume der Weisheit. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass eine christliche Deutung der Rose nicht ausbleiben konnte. Dabei tat man sich anfangs schwer mit der Rose als Blume der Aphrodite, der Venus und der Freya. In Goethes Gedicht vom "Heidenröslein" symbolisiert sie die jugendliche Frische, Reinheit und Unschuld eines Mädchens. Diese bricht der wilde Knabe, auch wenn sich das Röslein wehrt und sticht.  Dennoch setzte sich die Rose als Sinnbild von Reinheit und Sittlichkeit durch und wurde zur ständigen Begleiterin der Gottesmutter, wie es auf unzähligen Bildern dargestellt ist. Maria wurde zur "Rosa mystica". Die gotischen Kathedralen zieren im Westen in Richtung des alten matriarchalen Paradieses weisende Rosettenfenster, unter denen vor allem Maria verehrt wurde. Dem steht im Osten das männliche Kreuz des Erlösers gegenüber. Die Rose ist das Zeichen der Vergebung durch Christus und sie steht für den Opfertod der Märtyrer. Spätestens als 1208 die Gebetsschnur des heiligen Dominikus den Namen Rosenkranz erhielt, war die Aufnahme der Rose in das Christentum perfekt. Legende ist auch das Rosenwunder der heiligen Elisabeth von Thüringen.

Goethe sagt von der Rose: sie ist "das Vollkommenste, das die Erde in unserem Klima hervorgebracht hat." In ihrer überbordenden Symbolik ist sie die beste Metapher für das Leben in allen seinen Facetten, an der kaum ein Dichter ohne wohlgesetzte Worte vorbeikam.

Nun sei ein Schluss gemacht! Laben wir uns an der Schönheit und am Duft der Rosen! Beides soll uns helfen! – So Gott will und wir dran glauben.


Herzlichst Euer Pater Gerhard








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