Zeitschrift für Theologie, geistliches Leben und christliche Kultur
Ökumenisches Lektionar in altkatholischer Tradition erschienen
Zum ersten Advent konnte die Christ-Katholische Kirche in ihren Gemeinden das neue ökumenische Lektionar in altkatholischer Tradition einführen.
Das neue Lektionar beinhaltet nicht nur das "Wiener Modell", also die Toralesung für den christlichen Gottesdienst, sondern stellt sich auch weiteren aktuellen liturgischen Fragen. So ist der Jahreskreis altkirchlich aufgebaut und kennt explizit eine Epiphanie und Vorfastenzeit. Das Lektionar geht hier vollständig mit den aktuellen lutherischen Positionen überein. Die Zeit nach Pfingsten wird in katholischer Tradition „Sonntage nach Pfingsten“ genannt. Dem aufmerksamen Leser des Lektionars dürfte auch eine Differenz in der Feier der Osternacht ins Auge springen. So wurde die Verschachtelung von Vigil und Messe in der Osternacht gelöst, zunächst wird die Vigil (mit Lichtfeier, AT Lesungen und Tauferneuerung) gefeiert, welche dann in die Eucharistie übergeht. Daher finden sich im Lektionar Lesungen zunächst für die Vigil und dann für die Messe.
Um überhaupt die Vigil der Osternacht in ihrer besonderen Stellung zu würdigen, wurde dem Lektionar eine kleine Reihe von Vigilien beigefügt, um auf diese Weise das ganze Jahr über Nachtwachen feiern zu können.
Als Besonderheit dürfte sich ferner die Verwendung der Zürcher Bibel erweisen, welche durch manch ungewohnte Formulierung ein neues Hörverständnis anbietet. Im Gegensatz zur Tradition verzichtet das neue Lektionar darauf, einzelne Verse "aus pastoralen Gründen" auszulassen und stellt sich damit dem biblischen Text auch an unbequemen Stellen und Formulierungen.
Ein letzter Aspekt betrifft die Frage nach der Bedeutung der Frauen in Liturgie und Heilsgeschichte. Hier bietet das Lektionar vielfältige „Frauentexte", welche sich in der aktuellen röm.-kath. Ordnung nicht finden.
Verweigert die Westkirche den Heiligen des Alten Testaments den Kult?
Von Georg Braulik OSB
Mit dem Titel meines Vortrags setze ich als selbstverständlich voraus, dass die Ostkirchen immer schon die Heiligen des Alten Testaments verehrt haben, und dass sie es auch heute tun. Ferner, dass die Großen des Alten Bundes „Heilige“ sind.
Für die Alte Kirche waren sie das ohne Frage und ihre Heiligkeit wurde nicht als erklärungsbedürftig empfunden. Ambrosius zum Beispiel sprach nicht einfach von Abraham oder David, wie wir das tun. Er nannte sie den heiligen Abraham und den heiligen David, genauso wie er vom heiligen Paulus oder heiligen Petrus redete. Dass auch die Liturgie hier keine Probleme hat, zeigt die Anrufung vorchristlicher Gestalten um ihre Fürbitte. Allerdings erweckte das Wort „Heiligkeit“ nicht unmittelbar die Vorstellung von sittlicher Vollkommenheit, eher schon die einer „Weihe“: Heilige, das sind die, welche Gott für einen Auftrag ausgewählt hat. Abraham und David zum Beispiel waren gewiss keine moralischen Heroen oder frommen Asketen. Aber sie waren in den Augen der Alten Männer Gottes, die er zu Instrumenten seiner Offenbarung gemacht hat. Mehr noch: Sie wurden in der göttlichen Heilsökonomie auch zu Vorbildern des Mysteriums Jesu Christi. Dafür hatte man das Zeugnis der Bibel. Historische Fragen, die uns heute quälen, spielten keine Rolle.
Nur unsere jetzige lateinische Kirche hat mit den Heiligen des Alten Testaments ein Problem. Sie hat sie nicht ins Sanktorale, den Heiligenkalender, aufgenommen. Hat sie vielleicht eine Tradition, alttestamentlichen Heiligen den Kult zu verweigern? Oder ist nur ein Unfall passiert? Dass nämlich die nachvatikanische Liturgiereform bei gleichzeitig geradezu inflationärer Vermehrung christlicher Heiliger die alttestamentlichen Heiligen von den Altären geholt hat, ohne dass sie es selbst so richtig merkte?
Ein Beispiel der Verweigerung:
Die sieben makkabäischen Märtyrerbrüder
Ich beginne mit der ersten Frage: Gibt es in der westlichen Kirche, speziell in der liturgischen Festpraxis Roms, vielleicht eine Tradition, alttestamentliche Heilige grundsätzlich nicht zu verehren? Bei dieser Frage kann ich direkt an die Geschichte meines Wiener Klosters anknüpfen. Es heißt Benediktinerabtei zu den „Schotten“. Sie werden vermutlich wissen, dass die „Scotti“ des Mittelalters, die 1155 von Regensburg aus auch unser Kloster gründeten, heute als „Iren“ bezeichnet werden müssten. Aus den ersten drei, rein irischen Jahrhunderten unserer Abtei haben sich nur wenige Zeugnisse erhalten. Doch zufällig befinden sich darunter auch zwei Pergamentfragmente mit Responsorien und Antiphonen. Und sie gehören nun ausgerechnet zur Liturgie des damals nicht nur bei uns in Wien, sondern an vielen Orten Europas am 1. August gefeierten Festes der sieben „makkabäischen“ Märtyrerbrüder und ihrer Mutter. Sie dürfen zwar nicht mit den Hasmonäern, den Söhnen des Mattatias, verwechselt werden. Doch vergegenwärtigt das liturgisch breit entfaltete Fest auch Passion und Erlösung der Juden in ihrem Kampf um die beiden zentralen Heilsgüter: das Gesetz und den Tempel. Das Evangelium der Messe war der Matthäustext über den Besuch der Verwandten Jesu, seiner Mutter und seiner Brüder (Mt 12,46-50). Die Märtyrermutter und ihre Söhne werden also mit Maria und denen parallelisiert, die Jesus jetzt seine Brüder und Schwestern nennt, weil sie „den Willen des himmlischen Vaters tun“. Die Handschriften zeigen somit ein Fest, das mit eigenen Texten für Stundenliturgie und Eucharistiefeier ausgestattet und theologisch gut durchdacht war.
In Mitteleuropa gehört das „Makkabäerfest“ zu den „neuen Heiligenfesten“ des 9. bis 11. Jahrhunderts. Es ist leider das einzige Gedächtnis alttestamentlicher Heiliger, das sich in der gesamten Westkirche durchgesetzt hat. Bernhard von Clairvaux schrieb im 12. Jahrhundert eine kurze Abhandlung darüber, „warum die Makkabäer als einzige von allen Gerechten des Alten Testaments durch die Väter das einzigartige Privileg eines jährlichen Festes und eine den christlichen Märtyrern gleiche Verehrung erhielten“ (PL 182, 230-234). Dass dieses Fest bei uns gefeiert wurde und sich durchhielt, dürfte den irischen Mönchen zu verdanken sein. Aber auch über dieses Fest hinaus entwickelte die Kirche Irlands systematisch die Verehrung der alttestamentlichen Heiligen, die im Osten schon seit Jahrhunderten lebendig war, und vermittelte sie einzelnen Bistümern des europäischen Kontinents.
1570 verzeichnet der universalkirchliche Kalender des Missale Romanum allerdings nur das Gedächtnis der „sieben makkabäischen Märtyrerbrüder“. Das römische Martyrologium von 1584 nennt allerdings 29 Heilige des Alten Testaments, das letzte Martyrologium des mittelalterlichen England zählt sogar nicht weniger als hundert auf. Bei der seit dem Spätmittelalter nur mehr marginalen liturgischen Memoria der so genannten „Makkabäer“ blieb es dann bis zur Kalenderreform des Zweiten Vatikanischen Konzils. Sie machte schließlich jegliches Gedächtnis unmöglich.
Biblische Märtyrer- und Auferstehungstheologie
Darüber später mehr. Zunächst aber will ich, weil der Kult der sieben Brüder und ihrer Mutter in der Geschichte der Heiligenverehrung der gesamten christlichen Welt eine Schlüsselrolle spielt und sich in der letzten Zeit die Veröffentlichungen darüber mehren, noch seinen Ursprung und einige theologische Probleme, die er schon zur Väterzeit aufwarf, skizzieren. Vor dem Hintergrund dieses Beispiels stelle ich dann in einem zweiten Teil die grundsätzliche Frage nach Sinn und Möglichkeit einer liturgischen Verehrung alttestamentlicher Heiliger in der Westkirche von heute.
Die sieben Märtyrerbrüder nehmen unter den Heiligen des Alten Testaments eine einzigartige Stellung ein. Denn der Traktat 2 Makk 7 entwickelt eine jüdische Märtyrertheologie, an die Jesus und das Neue Testament anknüpfen konnten. Wichtig ist vor allem das Bekenntnis des jüngsten der Brüder, der sein bevorstehendes Martyrium zur fürbittenden Sühne für sein schuldiges Volk macht. Es entspricht dem Kelchwort Jesu, in dem er seinen blutigen Tod als heilvoll für andere deutet. Die Bitte um die „versöhnende“ Wirkung des stellvertretenden Opfertodes in 2 Makk 7,37f am Höhepunkt des Vermächtnisworts – „Ich gebe wie meine Brüder Leib und Leben hin für die Gesetze unserer Väter und rufe zu Gott, er möge seinem Volk bald wieder gnädig sein“ – ist die sachlich engste alttestamentliche Parallele zu den Abendmahlsworten Jesu.
Dazu kommt eine zweite wichtige Botschaft des 7. Kapitels, die eigenartiger Weise in der Verkündigung der Kirchenväter nicht entfaltet wird: Es ist der Glaube an die himmlische Auferstehung der Märtyrer und an das Gericht Gottes über die Verfolger seines Volkes. Das 2. Makkabäerbuch entnimmt ihn vor allem Texten der Tora und entfaltet ihn systematisch. Hier gibt es also bereits in vorchristlicher Zeit eine Lehre von der ganzheitlichen Auferstehung der Märtyrer, die sie endgültig mit Gott vereinigt, wie auch Jesus ein verherrlichtes Zusammensein mit dem Vater erwartete.
Gemeinsamer jüdisch-christlicher Kult
Historisch ist die Verehrung der sieben Märtyrer und ihrer Mutter der einzige jüdische Kult, der nachweislich von Christen übernommen wurde. Er ist vermutlich an ihrem vermeintlichen Grab im syrischen Antiochien, einem Zentrum blühenden jüdischen Lebens, während der Verfolgungen unter Kaiser Julian dem Apostaten (361-363 n. Chr.) voll in Gang gekommen. Denn Julians Religionspolitik war jener König Antiochus IV. im 2. Makkabäerbuch ähnlich. Jedenfalls begingen die Juden das Gedächtnis am 9. Av (Tisch`a be´av), dem Tag, an dem der erste und zweite Tempel zerstört worden waren, an einem Tag tiefster Trauer. Der liturgische Eigenkalender des lateinischen Patriarchats von Jerusalem verzeichnet heute die Memoria der „heiligen Makkabäermärtyrer“ am 3. August. Der übliche christliche Gedenktag ist allerdings der 1. August. Sie befinden sich beide in unmittelbarer Nähe zum Gedenktag des 9. Av. Aber nicht nur der Zeitpunkt, auch der Ursprungsort des Kultes in Antiochien ist Juden und Christen gemeinsam.
Nach traditioneller Erklärung lagen die Gräber der Märtyrerbrüder und ihrer Mutter im Schutz einer Synagoge. Sie zog auch viele Christen und Heiden an. Vermutlich wurden die Juden später gezwungen, die Synagoge an die Christen abzutreten, die sie in eine Basilika verwandelten. Im Übrigen dürfte diese lex orandi, die jüdisch-christliche Verehrung der „makkabäischen Märtyrer“, auch zur Rezeption der Makkabäerbücher in den Kanon der Kirche geführt haben. Das 4. Makkabäerbuch, eine philosophisch gefärbte Neuinterpretation der jüdischen Märtyrergeschichten, die aus dem ersten christlichen Jahrhundert und wahrscheinlich aus Antiochien stammt, hatte bereits eine Grabinschrift für die Mutter, ihre Söhne und den priesterlichen Schriftgelehrten Eleasar entworfen. Sie bringt die Bedeutung dieser Heiligen auf eine theologische Kurzformel:
Diese Toten haben ihr Volk gerechtfertigt, indem sie zu Gott aufblickten und den Folterqualen bis zum Tod standhielten. … Ja, wahrlich, göttlich war der Kampf, der von ihnen ausgefochten wurde. … Deshalb stehen sie jetzt dem göttlichen Thron nahe und leben in ewiger Seligkeit. Sagt doch auch Mose: „Und alle Geheiligten sind unter deinen Händen.“ Diese von Gott Geheiligten sind nun auch dadurch geehrt, dass die Feinde ihretwegen über unser Volk keine Macht mehr hatten, dass der Tyrann bestraft und das Vaterland geläutert wurde. Sie wurden gleichsam zum Seelenersatz für die Sünden des Volkes. Durch das Blut jener Frommen und durch die Sühnegabe ihres Todes rettete die göttliche Vorsehung das zuvor schlimm bedrängte Israel ganz und gar. (4 Makk 17,10-22)
Am Ende des 4. Makkabäerbuches (in Kap 18) wird auch der schon früher verstorbene Vater gepriesen. Denn er las den Söhnen die biblischen Geschichten über die Ermordung Abels, die Opferung Isaaks, über Josef im Gefängnis, über die zum Feuertod verurteilten drei jungen Männer Hananja, Asarja und Mischael und über Daniel in der Löwengrube vor (vgl. 1 Makk 2,51-60). „Und er vergaß nicht den Gesang, den Mose lehrte, der belehrend sagt: Ich werde tot machen und wieder lebendig machen.“ [Dtn 32,39] Offenbar gab es in der alten Kirche aber auch Vorbehalte gegen die Verehrung dieser heiligen Juden. Sie hätten ihr Blut gar nicht für Christus, sondern für das Gesetz und die Vorschriften im Gesetz vergossen. Mit dem Einwand setzt sich Gregor von Nazianz in einer Rede auseinander, die er um 362 gehalten haben dürfte:
Wie steht es mit den Makkabäern? Heute ist ja ihr Fest. Von vielen werden sie nicht verehrt, da ihr Kampf nicht in die Zeit nach Christus fällt. Doch verdienen sie von allen geehrt zu werden, da sie für den väterlichen Glauben gelitten haben. Wenn sie schon vor dem Leiden Christi ins Martyrium gegangen sind, wozu wären sie erst bereit gewesen, wenn sie erst nach Christus verfolgt worden wären und seinen Tod, in den er für uns gegangen ist, hätten nachahmen können. … Wir dürfen nicht die, welche vor dem Kreuz gelebt haben, gering achten. Vielmehr verdienen diese, wenn sie dem Kreuz entsprechend gelebt haben [!], unser Lob …. (Sermo XV In Machabaeorum Laudem *1-2; PG 35, 912f; Übersetzung BKV 59, 308f )
Der letzte Satz scheint mir von geradezu explosiver Aktualität zu sein. Könnte nicht dieses Verständnis des alttestamentlichen Martyriums in seiner geschichtlichen Bedingtheit von Christusglauben und Christusförmigkeit zu einer für die moderne Theologie so notwendigen Neudefinition der Märtyrer führen? Ihr zufolge wäre dann Märtyrer nicht nur „wer für Christus stirbt, sondern wer wie Jesus stirbt, … nicht nur, wer Jesu wegen stirbt, sondern wer wegen der Sache Jesu stirbt“, so dass das Wesentliche des Martyriums in der sachlichen Nähe zum Tod Jesu bestünde. Märtyrer wären dann zum Beispiel auch die Armen Lateinamerikas, die umgebracht wurden, weil sie die Sache Jesu, das Reich Gottes, verteidigten, und ebenso die in der Schoa um der Erwählung Israels willen ermordeten Juden. Aber zurück zu den Märtyrerbrüdern.
Auch die Liturgie hat die sieben jüdischen Märtyrerbrüder immer wie die christlichen Märtyrer gefeiert. Sie prägten den Märtyrerkult der Kirche sogar außerordentlich stark. Meine erste Frage lässt sich also wie folgt beantworten: Es gibt in der Westkirche keine Tradition, die Heiligen des Alten Testaments grundsätzlich nicht zu verehren. Doch läuft die liturgische Praxis zunehmend auf Nichtverehrung hinaus. Einen vollen Bruch brachte allerdings erst der römische Heiligenkalender von 1969 in Verbindung mit dem neuen Martyrologium, dessen letzte Überarbeitung erst 2001 veröffentlicht wurde. Zunächst zum Martyrologium. Das Elogium des alten Martyrologiums von 1584, also der lobende Nachruf auf die Passion der sieben Brüder und ihrer Mutter, wird in der Neufassung von 2001 begrüßenswerter Weise historisch-kritisch revidiert. Was die Möglichkeit angeht, diese Heiligen, die im Martyrologium stehen, in unseren Kirchen kultisch zu feiern, so gilt: Nach den Rubriken Nr. 26 (und 30) des Martyrologiums dürfen Heilige des römischen oder des eigenen Martyrologiums am vorgesehenen Tag gottesdienstlich verehrt werden, es sei denn, ein Fest oder verpflichtendes Heiligengedächtnis beansprucht liturgisch den Vorrang. In unserem Falle geht es um den 1. August. Theoretisch könnte man also die makkabäischen Brüder an diesem Tage feiern. Genau das aber machen die liturgischen Vorschriften jetzt unmöglich. Das neue Martyrologium hat nämlich den Heiligen Alfons von Liguori vom 2. auf den 1. August vorverschoben Und der neue römische Generalkalender hat sein Gedächtnis zu einem gebotenen Gedenktag aufgewertet. Damit ist eine kultische Verehrung der Märtyrerbrüder automatisch verboten.
So ist meine zweite, einleitend gestellte Frage wie folgt zu beantworten: Durch die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils sind mit den sieben Märtyrerbrüdern auch die letzten von der Westkirche gefeierten Heiligen des Alten Testaments praktisch verloren gegangen. Sie dürfen selbst an dem Tag, wo sie im Martyrologium verzeichnet sind, nicht mehr gefeiert werden. Sie bekämen erst dann wieder eine Möglichkeit, wenn zum Beispiel ein Regional- oder Ordenskalender im Anschluss an das Patriarchat von Jerusalem ihre Memoria für den 3. August aufnähme. Dieser Tag wäre sogar ein besonders geeigneter Termin, weil er der Tisch`a be´av des jüdischen Kalenders mit seiner Klage um die Zerstörung des Tempels ist. Er böte die Möglichkeit, aller Opfer von Judenverfolgungen zu gedenken und für christliches Versagen um Vergebung zu bitten – nicht zuletzt auch im Blick auf die Schoa. Deutschland könnte mit der Einführung dieses Gedächtnisses sogar an den Makkabäerschrein in Köln anknüpfen. Eine solche Vergegenwärtigung „jüdischer Martyrer der vorchristlichen Zeit, ihrer Qualen, Bereitschaft und Hoffnungen“ könnte auch heute ein „neues Denken über die Glaubens- und Verkündigungsinhalte des jüdischen und des christlichen Volkes Gottes“ bringen (Clemens Thoma)!
Die Verehrung alttestamentlicher Heiliger neu beleben Mit den letzten Hinweisen habe ich bereits angedeutet, dass ich mich nicht mit der – wenn auch differenzierten – Verweigerung der liturgischen Feier der alttestamentlichen Heiligen abfinden will. Sollte man nicht die auf ein Minimum beschränkte bzw. aus der Spiritualität unserer Kirche praktisch verschwundene liturgische Verehrung der Heiligen des Alten Testaments von neuem zu beleben versuchen? Oder soll man es wirklich bei dem eingetretenen Zustand belassen? Für Letzteres gibt es Stimmen! Der Liturgiewissenschaftler Bernard Botte OSB, ein ausgezeichneter Kenner der Materie, hat in einem Artikel den Kult alttestamentlicher Heiliger für die Westkirche ausdrücklich abgelehnt. Sehen wir uns seine Argumente an!
Natürlich bestreitet Botte nicht die grundsätzliche Berechtigung, alttestamentliche Heilige zu verehren. Aber die Situation der lateinischen Kirche sei eine völlig andere als jene der orientalischen Kirchen. Die östliche Volksfrömmigkeit und später auch die Religiosität der Pilger hätten die Heiligen spontan an den Stätten verehrt, die man aus dem Alten Testament kannte. Ihr Kult sei zunächst lokal gebunden gewesen. Erst durch die Übertragung von Reliquien und den Bau von Kirchen, die alttestamentlichen Heiligen geweiht wurden, habe sich ihre liturgische Verehrung allmählich ausgebreitet. Die Feiern seien schließlich in den Kalender aufgenommen worden, hätten sich aber erst ab dem 8. und 9. Jahrhundert vervielfältigt. In dieser Periode seien Heiligenfeste auch aufgrund theologischer Reflexion ergänzt worden, zum Beispiel durch das Fest des heiligen Moses – eine Systematisierung übrigens, der wir auch manche Apostelfeste verdanken. So im Osten. In der Westkirche habe es eine solche Jahrhunderte lange Entwicklung nicht gegeben. Keine Volksreligiosität habe sich hier für alttestamentliche Heilige erwärmt. Man war einfach zu weit von Palästina entfernt und die relativ wenigen Heiliglandpilger hatten kaum genügenden Einfluss. Nur die irischkeltische Kirche und die Orte, die unter irischer Einwirkung standen, seien hier eine Ausnahme. Deshalb bleibe die Einführung von Festen alttestamentlicher Heiliger heute ein „erkünsteltes Konstrukt“, ganz abgesehen von der ohnehin schon gegebenen Hypertrophie unseres gegenwärtigen Heiligenkalenders. Erschwerend komme noch dazu, dass dafür auch das günstige Klima fehle, wie es in der frühen Kirche durch eine solide Kenntnis des Alten Testaments aufgrund von Schriftlesung, Predigt und Katechese geherrscht habe. So weit die wichtigsten Argumente von Botte. Schon rein inhaltlich lässt sich nicht verkennen, dass er seinen Artikel 1957 geschrieben hat, also noch vor dem zweiten Vatikanischen Konzil, vor der Einführung alttestamentlicher Lesungen in der Eucharistiefeier und vor der „innerbiblischen Ökumene“, welche die Erklärung „Nostra aetate“ initiierte. Außerdem war die Kirche damals noch nicht in den Dialog mit dem Judentum eingetreten, den erst Johannes Paul II. voll gefördert hat. Was lässt sich zu Bottes Einwänden selbst sagen?
Neuorientierung aus iroschottischer Tradition und Patristik heraus
Ich möchte zunächst von der liturgischen Praxis der alten Kirche Irlands her antworten. Botte selbst gibt sie als Schwierigkeit für seine Theorie zu. Für die irische Heiligenverehrung entscheidend ist die Unterordnung der historischen Kommemoration unter die spirituelle Vergegenwärtigung, was übrigens Irland mit den orientalischen Kirchen verbindet, unter deren Einfluss es ja stand. Denn die alte irisch-keltische Kirche vergegenwärtigte die Heiligen des Alten Bundes neben Gedächtnistagen und ihrer kalendarischen Erwähnung in Martyrologien insbesondere durch Anrufungen, vor allem durch in jeder Messe verlesene lange Listen. Als Beispiel nenne ich das älteste Dokument irischer Verehrung der Heiligen des Alten Bundes, zugleich auch das erste Zeugnis für ihre Anrufung in der Westkirche (die Makkabäer ausgenommen) – nämlich das Diptychon von 38 alttestamentlichen und 29 neutestamentlichen (gefolgt von 44 irischen) Heiligen im Hochgebet des Stowe-Missales, geschrieben um 800. Die Liste beginnt mit den vorisraelitischen Gerechten Abel, Seth, Henoch, Noe und Melchisedech. Ihnen folgen die Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob, dann Josef, Job, Moses, Josue, Samuel, David, Elias, Elisäus sowie die so genannten großen und kleinen Propheten. Den Schluss des alttestamentlichen Teils bilden Tobias, die drei Jünglinge, die in den glühenden Ofen geworfen wurden, und die sieben makkabäischen Märtyrerbrüder, gefolgt von Johannes dem Täufer und den Aposteln, mit denen die neutestamentliche Reihe anfängt. Die Zusammenstellung bezeugt die altkirchliche Tradition einer „Kirche von Abel an“. Besonders wichtig für unser Problem ist aber, worauf John Henxxxnig, einer der kompetentesten Erforscher des altirischen Heiligenkults und der Bedeutung des Alten Testaments in der christlichen Liturgie, hingewiesen hat: Der altirischen Kirche fehlten gerade die für die Verehrung alttestamentlicher Heiliger wichtigsten Voraussetzungen – folgt man Botte bei den Ostkirchen. Konkret: Irland hatte praktisch keine Kirchen alttestamentlicher Heiliger und keine Reliquien. Die Heiligen des Alten Testaments erscheinen vor allem kategorisiert als Verkörperungen des Handelns Gottes in der Geschichte und als Repräsentanten oder Führer von Gruppen des Gottesvolkes. Die Heiligen des Alten Testaments werden also vor allem deshalb verehrt, weil sie Zeugen für Gottes Heilswerk in der Geschichte seines Volkes sind. Schon das alttestamentliche Buch der Weisheit schreibt in Kapitel 10 die Heilsgeschichte als Heiligengeschichte, indem sie die rettende Wirkung der Weisheit an hervorragenden Gestalten der Ur- und Vätergeschichte so wie am Israel des Exodus, „den Heiligen“, entfaltet (vgl. 1 Makk 2,50-61). Ihre Memoria überwindet ein einseitig leistungsorientiertes und individualistisches Heiligenverständnis. Diese „Wolke von Zeugen“, die nach Hebr 11,39 „aufgrund ihres Glaubens von Gott besonders anerkannt wurden“ bzw. „von der Schrift ein rühmliches Zeugnis erhielten“, sind ein Widerschein der Herrlichkeit Gottes in seinem Heilswirken. Für die Bibel sind sie Zeugen des Wortes, auch als Märtyrer – die „makkabäischen“ Brüder bilden da ein Musterbeispiel.
Was sollen wir also folgern? Die alttestamentlichen Heiligen sind unbezweifelbar für die Gesamtkirche von Bedeutung, was die Liturgiekonstitution als Voraussetzung für die Aufnahme in den Heiligenkalender der ganzen Kirche fordert. Sie müssten zumindest mit einigen wenigen gebotenen Gedenktagen ins Sanktorale, also den Heiligenkalender, der Westkirche aufgenommen werden. Falls man nicht aus dem Reichtum der liturgischen Tradition der West und Ostkirchen neue und anpassungsfähige liturgische Formulare zusammenstellen oder neu schreiben möchte, um die im Martyrologium verzeichneten alttestamentlichen Heiligen feiern zu können, empfiehlt es sich, die Formulare des lateinischen Patriarchats von Jerusalem zu verwenden. Diese Wiederbelebung der Verehrung alttestamentlicher Heiliger hätte theologische und ökumenische Konsequenzen. Würden nämlich zumindest einige wenige Heilige des Alten Testaments liturgisch gefeiert, orientierte sich vielleicht auch das theologische Verständnis der Heiligen wieder stärker am biblischpatristischen Denken, vor allem an der Einheit der beiden Testamente und der Heilsgeschichte des einen Gottesvolkes. Die liturgische Verehrung der alttestamentlichen Heiligen brächte ferner angesichts der uralten Festtraditionen in den Ostkirchen einen ökumenischen Brückenschlag. Weil mit den Heiligen des Alten Testaments letztlich die Heilige Schrift gefeiert wird, die sie „verkörpern“, so dass in ihnen gewissermaßen „das Wort Fleisch geworden ist“, wird durch sie zweifellos der Glaube gestärkt. Ihr Gedächtnis könnte deshalb auch den Kirchen der Reformation einen neuen Zugang zur „Communio Sanctorum“ erschließen, weil hier die Bibel selbst bezeugt (vgl. zum Beispiel Hebr 11), „wie ihnen Gnade widerfahren und wie ihnen auch durch den Glauben geholfen worden ist“ (Confessio Augustana Artikel 21). Nicht zuletzt aber würde uns die Memoria der Gerechten und Märtyrer des alttestamentlichen Gottesvolkes1) als gemeinsames Erbe heute mit dem Judentum verbinden. Das beweisen zum Beispiel die Vorträge, die im Jahr 2000 auf der ersten gemeinsamen Konferenz der Bar-Ilan Universität in Ramat-Gan und der Katholisch-Theologischen Fakultät Utrecht über „Heilige“ gehalten wurden und nun publiziert vorliegen.2)
Ich möchte mit zwei weiteren Feststellungen schließen. Erster Sachverhalt: Die Wertschätzung der alttestamentlichen Heiligen gehört zur ältesten römischen Tradition. Das belegt der 1. Clemensbrief. Er schreibt von den Heiligen – und zwar dem Kontext nach von den Heiligen des Alten Testaments: Die aber in Zuversicht ausharrten erbten Ehre und Auszeichnung; sie wurden erhöht und von Gott in sein Gedächtnis eingeschrieben für alle Ewigkeit. An solche Vorbilder müssen daher auch wir uns halten. Denn es steht geschrieben: „Haltet euch an die Heiligen; denn wer sich an sie hält, wird geheiligt werden.“ (45,8; 46,1; Übersetzung FC 15, 177) Zweiter Sachverhalt: Der Kult der alttestamentlichen Heiligen ergibt sich sogar als notwendige Folgerung aus dem Dekret, das 2001 das revidierte Martyrologium Romanum eingeführt hat. Denn dort heißt es an einer Stelle: „Die Kirche hat von uralten Zeiten an den Pascha-Sieg Christi in seinen Heiligen aus jedem der beiden Testamente gefeiert.“ Warum soll sie es jetzt nicht mehr tun?
Anmerkungen
1)S. dazu A. Goldberg, Der Heilige und die Heiligen. Vorüberlegungen zur Theologie des
Heiligen Menschen im rabbinischen Judentum, in: Mystik und Theologie des rabbinischen Judentums. Gesammelte Studien I (Hg. v. M. Schüler – P. Schäfer), Tübingen 1997, 304-320
2)Saints and Role Models in Judaism and Christianity (Ed. M. Poorthuis – J. Schwartz; Jewish and Christian Perspective Series VII), Leiden 2004
Der Autor ist emeritierter Professor für Altes Testament der katholisch theologischen Fakultät der Universität Wien. Eine weiter ausgearbeitete und mit wissenschaftlichen Anmerkungen versehene Fassung ist unter dem gleichen Titel in der Zeitschrift „Theologie und Philosophie“ 82 (2007), 1-20, erschienen.
Der Widerspruch in der 6. VATERUNSER-BITTE
„Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“ von Wilhelm Dresbach, Diplom - Theologe
Die meisten Christen der älteren Generation haben das Vaterunser als Kind gelernt, indem sie die jeweiligen Sätze nachgesprochen haben, ohne jedoch den eigentlichen Sinn derselben dabei zu verstehen. Durch das häufige Wiederholen des Hauptgebets der Christen ist die zur Debatte stehende sechste Bitte kritiklos in Fleisch und Blut übergegangen.
Bei mir war das anders. Obwohl ich in Deutschland geboren bin, ist meine Muttersprache Spanisch. So habe ich schon von Jugend an das Vaterunser sowohl auf Deutsch wie auch auf Spanisch beten können. Als ich älter wurde, fiel mir auf, dass ich auf Deutsch Gott zu bitten habe, dass er uns nicht ins Verderben führen möge, während ich auf Spanisch ihn darum bitten soll, dass er uns vor dem Fallen in der Versuchung bewahren möge.
Trotz vieler Überlegungen vermochte ich diesen Widerspruch nicht zu lösen. Ich fragte mehrere
Priester, wie dieses Dilemma zu lösen sei. Doch niemand konnte mir eine zufriedenstellende Antwort geben. Einige hatten sogar versucht, mich zu überzeugen, dass es darum geht, Gott zu bitten, dass er mit uns nicht wie mit Abraham verfahren möge, den er aufgefordert hatte, ihm seinen Sohn Isaak zu opfern - eine in meinen Augen unhaltbare Erklärung.
Jahrzehnte später, nachdem ich als Spätberufener Theologie studiert hatte und Religionslehrer war, bin ich der Sache auf den Grund gegangen. Dabei habe ich festgestellt, dass die widersprüchliche Aussage der sechsten Vaterunser-Bitte auf einem Übersetzungsfehler basiert, der dem Heiligen Hieronymus unterlaufen ist.
Dieser Kirchenlehrer wurde im Jahre 382 von Papst Damasus I. beauftragt, den griechischen Urtext des Neuen Testamentes ins Lateinische zu übersetzen. Seine Übersetzung ist unter dem Namen „Vulgata“ („die Volkstümliche“) bekannt und sie ist die Grundlage für alle Übersetzungen des Neuen Testaments nach dem Jahr 420. Im Griechischen Originaltext des NT ist in Mt 6,13 zu lesen „καί μή είσενέγκης ήμας είς πείρασμόν. (άλλά ρΰσαί ημάς άπό του πονηρου.)“ Dabei kann das Verb είσενέγκης - das Prädikat dieses Satzes - sowohl aktives Handeln wie auch passives Dulden (bei Herodot, 490 - 424 v. Chr.) des Subjekts bezeichnen. Der Hl. Hieronymus hat irrtümlicher Weise dieses Wort - είσενέγκης - aktivisch interpretiert und in diesem Sinn ins Lateinische übersetzt, „Et ne nos inducas in tentationem,(sed libera nos a malo)“. Dass dies eine Fehlinterpretation ist, beweist die Tatsache, dass die syrisch orthodoxe Kirche von Antiochia, die auf den Apostel Petrus zurückgeht, dessen liturgische Sprache von Anfang an aramäisch ist - die Sprache in der Jesu gelehrt hat - die sechste Bitte im passiven Sinn betet:
(W)lo ta’lähn lo-nisyona,
(zu Deutsch in etwa: Lass uns nicht geraten in Versuchung
In Kerala, Süd-Indien, berufen sich die Gläubigen auf den Apostel Thomas und haben sich hauptsächlich in drei katholische Riten aufgeteilt. Diese heißen: Inde-Lateinisch, Syro-Malabar und Syro-Malankara, wobei alle in der Malayalamischen-Sprache beten, und die 6. VU- Bitte im passiven Sinn lautet:
"njangale prelobanathil ulpedutharude"
inhaltlich besagt dies:
„Lass uns in der Versuchung nicht fallen.“
Ein nicht minder überzeugendes Argument ergibt sich aus der Tatsache, dass praktisch die Hälfte der weltweit 1.230.000.000 Katholiken - das sind alle spanisch und portugiesisch sprechenden Gläubigen - die 6. VU- Bitte auch im passiven Sinn betet.
Dies dürfte daher rühren, dass die Bewohner der iberischen Halbinsel schon in den ersten Jahrhunderten das Vaterunser von den Juden-Christen gelernt haben, die sich an der Ostküste Spaniens niedergelassen hatten.
Auf Spanisch lautet die sechste VU- Bitte:
„Y no nos dejes caer en la tentación, mas líbranos del Mal.“
Auf Portugisisch: “e nao nos deixeis cair em tentaçao.” Auf Deutsch wörtlich übersetzt:
“Und lass uns nicht fallen in der Versuchung,”
Hinzu kommt, dass alle sechs Bischofskonferenzen der französisch- sprechenden Länder diese Korrektur, die Richtigstellung der 6. VU- Bitte, beschlossen und vollzogen haben, so dass auch in den französisch- sprechenden Ländern die Katholiken in Zukunft, ab 2016, beten werden:
„Et ne nous laisse pas entrer en tentation“
(und lass uns nicht „eingehen“ in die Versuchung“
Buchbesprechung, Papst Benedikt XVI und die Liturgie, Manfred Hauke (Hrsg.), Regensburg 2014, 29,95
Öffnung der Liturgie nach vorn und nach oben
„Klaus Gamber als Vater einer neuen liturgischen Bewegung bei Joseph Ratzinger
“
(K.M.) Im Juli 2008 traf sich eine internationale Gruppe von Fachgelehrten auf Fota Island im County Cork in Irland, um über die Bedeutung der Liturgie bei Papst Benedikt XVI nachzudenken. Die Tagungsbeiträge wurden 2010 zunächst in englischer Sprache veröffentlicht und liegen nun auch in deutscher Übersetzung vor.
Wie bei entsprechenden Tagungen üblich, finden sich auch in diesem Sammelband neben uninteressant banalen Beiträgen echte Höhepunkte, welche tieferen Erkenntnisgewinn versprechen. So sind es nicht die eher belanglosen, wie Zierrat den Tagungsband rahmenden Beiträge der Kardinäle Kurt Koch, Jorge M. Mejia und Raymond Burke, welche die Lektüre des Bandes empfehlen. Dies geschieht vielmehr durch den ausgesprochen Interessanten Beitrag von Manfred Hauke (Professor für Dogmatik in Lugano), welcher die Bedeutung des Regensburger Theologen Klaus Gamber (1919-1989) für Benedikt XVI herausarbeitet.
Was hat es mit dem theologischen Außenseiter Klaus Gamber auf sich, dass dieser von Joseph Ratzinger mehrfach als „Vater einer neuen Liturgischen Bewegung“ deklariert wurde?
Das Theologiestudium des jungen Klaus Gamber wurde zwar einerseits durch seinen Kriegseinsatz über mehrere Jahre unterbrochen, andererseits bot ihm diese Unterbrechung jedoch auch Gelegenheit sich vertieft mit seinem Hobby zu beschäftigen. Mit dem Studium alter liturgischer Handschriften. Darüber hinaus führte seine zeitweilige Stationierung in Griechenland zu einer lebendigen und bleibenden Sympathie zur der Kirche des Ostens.
Nach dem Krieg konnte Gamber seine Studien abschließen und wurde 1948 zum Priester geweiht. Der junge Priester war nicht zur weiteren akademischen Karriere vorgesehen, sondern wurde zunächst mit der Pfarrseelsorge beauftragt. Erst 1956 wurde ihm erlaubt in München mit einer Promotion zu beginnen, doch bereits ein Jahr später musste er dieses Projekt aus gesundheitlichen Gründen wieder aufgeben.
Dennoch wurde er von P. Dr. Alban Dold OSB, einem damals bekannten Spezialisten für liturgische Handschriften, sowie von Pater Emmeran von Thurn und Taxis gebeten, sich am Aufbau eines Instituts für Liturgiegeschichte in Regensburg zu beteiligen. Schwerpunkt der Arbeit sollte die Erforschung von Handschriften bis 1100 n. Chr. sein.
Das kleine private Institut war nicht nur unabhängig, sondern stand auch in einer gewissen Konkurrenz zu entsprechenden Forschungen in Maria Laach und Trier. Durch unermüdliche Reisen, auf welchen Klaus Gamber zahlreiche Handschriften auf Mikrofilm aufnehmen konnte, entstand eine der umfangreichsten Handschriftensammlungen überhaupt. Zugleich erwarb sich Gamber mit dieser Arbeit den Ruf einer der besten Kenner der Materie zu sein.
Bereits 1958 wurde er Ehrenmitglied der Päpstlichen Liturgischen Akademie, 1960 nach dem Tod von P. Alban Dold auch Leiter des Regensburger Instituts, welches er ab 1963 bis zu seinem Tod 1989 faktisch alleine betrieb. Eine zunächst angedachte Zusammenarbeit mit der Universität Regensburg ließ sich nie realisieren.
In dieser Zeit erschienen zahlreiche wissenschaftliche Werke und Reihen wie „Codices liturgici latini antiquiores“ oder „Textus patristici et liturgici“, sowie „Liturgie heute“.
1965wurde er zum Monsignore und päpstlichen Geheimkämmerer ernannt.
1966begrüßte Gamber in seiner Schrift „Liturgie übermorgen“ die Erneuerungen des Zweiten Vaticanums und geht geradezu euphorisch über diese hinaus. So schlägt er vor, das Evangelium künftig nicht mehr vom Ambo aus zu lesen, sondern aus der Mitte des Volkes heraus. Opfergebete soll es künftig ebenso wenig mehr geben wie die Elevation der Gaben im Hochgebet, dieses sei gänzlich in der Volkssprache zu sprechen und auf den gregorianischen Choral könne man vollständig verzichten. Der Kommunionempfang sei dem Volksempfinden anheimzustellen und in kleinen Gruppen könne es Tischmessen geben in welchen anstelle der Verkündigung das zwanglose Glaubensgespräch trete.
Allerdings warnt er zugleich auch davor nun nach eigenem Gustus alles tun und lassen zu können, was man nur wolle. Weder seien die Geistlichen, noch die Laien auf die Reformen der Liturgie vorbereitet. Daher dürften Reformen nur sehr langsam und nach den jeweiligen Horizonten der Beteiligten umgesetzt werden.
Erst 1967 konnte sich Gamber an der Universität Budapest bei Polycarp Rado promovieren. Seine Arbeit über „de sacramentis“ wurde von der Fachwelt zerrissen und als Beispiel seiner oberflächlichen und unwissenschaftlichen Arbeitsweise vorgeführt. Derart als akademischer Außenseiter gebrandmarkt, gelang es ihm niemals mehr im universitären Bereich Fuß zu fassen. Joseph Ratzinger jedoch erkannte in diesem Scheitern eine göttliche Fügung. War Gamber doch durch seine Außenseiterrolle frei von jedem konformistischen Druck nur seinem eigenen Weg verpflichtet. Im selben Jahr erhielt er die Ehrendoktorwürde der Freien Ukrainischen Universität in München.
1972 tritt Gamber in „Ritus modernus“ mit einem neuen und ganz anderen Ansatz auf. Hatte er die Reformen von 1965 noch begrüßt und wollte weit über diese hinausgehen, so stellt er nun das Messbuch von 1970 als „ritus modernus“ dem „ritus romanus“ als Bruch gegenüber. Der eine römische Ritus hätte sich nicht organisch entwickelt, sondern sei durch einen gänzlich neuen Ritus ersetzt worden. Mit Blick auf die damaligen Ringbuchexperimente meint er anstelle organischer Entwicklung nun nur noch „völlige Anarchie“ wahrnehmen zu können.
Zugleich erinnert er jedoch weiterhin an die Notwendigkeit den völlig erstarrten römischen Ritus zu erneuern. So stellt er sich nach wie vor hinter die Liturgiekonstitution, begrüßt die erneuerte Leseordung, die Einführung der Fürbitten, die neuen Hochgebete und die Verwendung der Volkssprache, welche allerdings die lateinische Sprache nicht vollständig verdrängen sollte. Seiner Auffassung nach müssten die Fürbitten jedoch nicht vom Ambo aus, sondern vor dem Altar gesprochen werden, sowohl die Gebete zur Gabenbereitung, als auch die neuen Hochgebete wirken für ihn zumindest stilistisch als wenig befriedigend. Als ganz und gar katastrophal erlebt er die oft geschwätzigen freien Einführungen in die Messfeier.
Im Gegensatz zu „Liturgie übermorgen“ kehrt er jetzt zum Opferbegriff der Messe zurück. Darbringung und Mahlfeier dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. War er zunächst der Handkommunion gegenüber vollständig offen tritt er jetzt für die Rückkehr zur Mundkommunion ein. Als Ideal schwebt ihm die östliche Variante eines gemeinsamen Empfangs von Leib und Blut Christi vor. Den Sinn jeder Reform sieht er darin, dass die Gläubigen die Liturgie auch tatsächlich mitvollziehen könnten. Ohne die „participatio actuosa“ bräuchte man nicht einen Ritus durch den anderen zu ersetzen.
1979 verstärkt er in „Reform der römischen Liturgie“ seine Kritik, da sich zunehmend zeige, dass die so sehnsüchtig erhoffte „Liturgie-Reform“ zu einer unübersehbaren „Liturgie-Misere“ geführt habe, welche sich nicht zuletzt in einer weitgehenden Protestantisierung und spirituellen Entfremdung zu den Kirchen des Ostens zeige. Anstelle der Reform von 1969 solle man zur Reform von 1965 zurückkehren. Alles andere müsse sich zunächst bewähren, bevor es „zementiert“ werden dürfte.
In „Kult und Mysterium“ beschreibt Gamber 1983 das Liturgieverständnis des ersten Jahrtausends und benennt dabei drei Kennzeichen der Liturgie: Liturgie sei erstens kultischer Dienst vor Gott, welcher das Mysterium verkündet, zweitens Mystagogie und drittens Theophanie. Beschreibt der erste Punkt Liturgie als öffentlichen Kult und priesterlichen Dienst des Gottesvolkes, so beschreibt der zweite Punkt die Aufgabe der Liturgie, den Menschen zu Gott zu führen. Schließlich meint der dritte Punkt die Erfahrung der Gegenwart Gottes in der Feier des Mysteriums.
Dabei richtet sich in der Vorstellung Gambers die Notwendigkeit des Gottesdienstes mehr vom Menschen an Gott, als von Gott an den Menschen. Sofern Liturgie Teilhabe am himmlischen Mysterium sei, sei sie zeitlos. Gestaltet könne sie daher nur werden insofern sie sich an den Menschen mit seinen je wechselnden Bedürfnissen wendet. Nach Gamber sollte die Welt jedoch nicht in den Gottesdienst hineingetragen werden, sondern durch diesen geheiligt und erneuert werden.
Durch die Teilhabe an der zeitlosen Liturgie, in immer gleichen Riten, trete das Handeln Gottes am Menschen in den Mittelpunkt. Somit könne die Liturgie zur gnadenhaften Verbindung des Menschen mit Gott, zur Vorwegnahme der künftigen Herrlichkeit werden.
Liturgische Krisen sind für Gamber kein Alleinstellungskennzeichen unserer Zeit. Die erste große liturgische Krise machte er in der karolingischen Reform aus, welche zu einer verlustreichen Verschmelzung der bisherigen westlichen Riten geführt habe. Die zweite große Krise bestünde im Bruch mit dem Osten, welcher zu einem Verlust der altkirchlichen Mysterienerfahrung im Westen führte. Die dritte Krise besteht für ihn in der mittelalterlichen devotia moderna, welche die Spiritualität auf ein allzu subjektives Erleben reduzierte und die Frömmigkeit auf das individuelle Seelenheil begrenzte, für welches dann private Messen gelesen werden mussten. Die Gläubigen wurden zu reinen Konsumenten und die Priester zu Seelenhändlern degradiert. Als vierte Krise benennt Gamber nicht die Reformation, sondern den nachreformatorischen Verlust der klassischen lateinischen Messgesänge und deren Ersetzung durch die heutigen Kirchenlieder. Die fünfte Krise sei durch Pius V mit der tridentinischen Messe geschaffen worden. Dabei kritisiert Gamber nicht die in ihrer Zeit richtige und notwendige liturgische Erneuerung, sondern die Unfähigkeit sie in den kommenden Jahrhunderten organisch fortzuentwickeln. Somit lag nach Gamber in der Zementierung der tridentinischen Messe selbst der Sprengstoff, welcher irgendwann zur Explosion führen musste. Schließlich kam es für ihn zur Hauptursache der heutigen Krise durch den Gottesverlust in der Aufklärung und zur rein moralischen Begründung der Religion.
1987 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen.
Im selben Jahr erschien der Aufsatz „Zum Herrn hin“, in welchem er sich für eine Rückkehr der Zelebrationsrichtung „ad orientem“ aussprach. Seine Hauptargumente bestanden zum einen darin, dass sich die historischen Argumente zur Einführung „der Volksaltäre“ mittlerweile als falsch erwiesen hatten und zum anderen darin, dass heute das Verhältnis der Begriffe Mahl und Opfer eine Neubewertung erführen. Die 1992 erschienene französische Ausgabe wird durch ein Vorwort von Joseph Ratzinger eingeleitet.
1989 kurz vor seinem Tod erschienen noch die „Fragen der Zeit“, eine Zusammenfassung früherer Artikel und Aufsätze. Eine Art geistiges Vermächtnis, in welchem er noch einmal deutlich betonte, das die Erneuerung der Kirche nur in Orientierung zur ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends geschehen könne. Gamber bestätigt auch in diesem abschließenden Werk seine ökumenische Perspektive der Kirche. Sei sie in noch so viele Konfessionen gespalten, ist sie doch eins in Christus und eins in ihrer gemeinsamen Sendung. Auch wenn Bannbullen West und Ost über Jahrhunderte voneinander trennten, so blieben die Kirchen doch im Glauben und in der Feier der Sakramente stets miteinander verbunden. Wo der Glaube der getrennten Christen der gleiche sei, spiele es letztlich keine Rolle ob eine Teilkirche mit dem Hl. Petrus verbunden sei oder nicht. Daher sei es rechtens, wenn sich eine Gruppe von Bischöfen aus Gewissensgründen aus der Gemeinschaft mit dem Papst löse. Auch sei es rechtens wenn der einzelne Gläubige aus solchen Gründen von einer Teilkirche in eine andere wechsle.
Und nicht nur hier spricht Klaus Gamber wie ein klassischer Altkatholik. Bereits in „Reform der römischen Liturgie“ (1979) äußerte er sich kritisch über den Jurisdiktionsprimat, da dieser zu traditionswidrigen Neuerungen in der Kirche führe. Das der römisch-kath. Dogmatiker Manfred Hauke, welcher Gamber in dem Sammelband „Papst Benedikt XVI und die Liturgie“ mit großer Sympathie und Sachlichkeit vorstellt, erhebliche Probleme mit dessen ekklesiologischen Positionen hat, braucht natürlich nicht eigens erwähnt werden und macht den Beitrag nicht weniger lesenswert.
Posthum widmeten Freunde und Schüler Klaus Gamber ein Werk namens „Simandron. Der Wachklopfer“. Benedikt XVI beschied ihm die „Wachheit eines wirklich Sehenden.“ Der streitbare Regensburger Theologe hat etwa 850 Titel, darunter 637 Monographien und Aufsätze hinterlassen.
An dieser Stelle müssen wir auf Joseph Ratzinger zurückkommen, dem ja vorliegender
Sammelband gewidmet ist. Ratzinger kennt und schätzt Klaus Gamber aus seiner Regensburger Zeit als Theologieprofessor. Offensichtlich haben sich hier zwei in vielen Fragen Seelenverwandte Denker gefunden, die sowohl den Klerus, als auch das Volk mit der Herausforderung Liturgie überfordert sehen. Es ist Joseph Ratzinger zu verdanken, in aller Offenheit zu einer neuen liturgischen Bewegung aufzurufen. Nicht zufällig knüpft er mit „Der Geist der Liturgie“ an Romano Guardini an. Ratzinger wie Gamber hoffen auf einen erneuerten Zugang zur „kosmischen Liturgie“, auf eine Feier, die einer Theophanie gleich die Tore des Himmels auf Erden zu öffnen vermag. Nicht um auf weltliche Weise Gottesdienst zu feiern, sondern um die Welt im Gottesdienst zu heiligen und zu erneuern. Und die Denker sind sich klar, dass dies weder in einer Zementierung der tridentinischen Messfeier, noch durch stets neue liturgische Experimente zu erreichen ist. Die Rückkehr zu den Quellen des ersten Jahrtausends – ohne so zu tun, als ob es die folgenden tausend Jahre nicht gegeben hätte – können wir aus altkatholischer Perspektive nur begrüßen. Gerade in seiner undogmatischen und auch widersprüchlichen Lebensentwicklung mag uns die Beschäftigung mit Klaus Gamber auf Empfehlung von Joseph Ratzinger hin hilfreich sein.
Aufgrund des Beitrags von Manfred Hauke empfehlen wir den Tagungsband, obwohl sich weder Herausgeber noch Verlag die Mühe gemacht haben, ein ordentliches Sach- und Personenregister beizufügen.
Weitere empfehlenswerte Sammelwerke zur gegenwärtigen liturgischen Diskussion sind: „Operation am lebenden Objekt“ (Tagung der Görres-Gesellschaft 2012 im Vatikan) herausgegeben 2014 von Stefan Heid und „Römische Messe und Liturgie der Moderne“; herausgegeben 2013 von Stephan Wahle, Helmut Hopping und Winfried Haunerland.
Impressum:
Redaktion: Klaus Mass, Kapellenstraße 7, 85254 Einsbach, pfarramt-christ-katholisch@web.de
Namentlich gekennzeichnete Artikel müssen nicht unbedingt die Lehrmeinung der Kirche wiedergeben.
Leserbriefe sind stets erwünscht.
Mein Leib für euch gegeben. Geschichte und Theologie der Eucharistie
Helmut Hopping, Herder Verlag 2015, 2. Auflage, 29,99€
(K.M.) Der Freiburger Dogmatiker und Liturgiewissenschaftler Helmut Hoping hat seine große Studie zur Eucharistie nach vier Jahren nun in zweiter Auflage vorgelegt. In einem weiten Bogen zeichnet er dabei Geschichte und Theologie des römischen Ritus nach. Wenn der kundige Leser hier auch nur wenig Neues erfahren mag, so fasst Hopping doch sehr gelungen zusammen, was sich sonst über liturgische, theologiegeschichtliche und dogmatische Lehrbücher verteilt. Durch die ausführliche Beifügung von Literatur-, Personen- und Sachregister entsteht auf diese Weise ein Handbuch, welches fast das Zeug zum Standartwerk gewinnt.
Warum nur fast? Weil gerade durch die so ausführliche Darstellung des römischen Ritus auffällt, was alles fehlt. Nicht nur werden die orientalischen Riten so gut wie gar nicht vorgestellt, auch hätte der Leser sich eine sehr viel stärkere Herausarbeitung der übrigen westlichen Riten im ersten Jahrtausend, sowie eine Darstellung der alternativen Ordensriten nach Trient gewünscht.
So sehr es dem Autor zu danken ist, dass er eine gelungene Einführung in den außerordentlichen Ritus von 1962 gibt, fehlt doch die kritische Nachfrage worin der Sinn einer Liturgie liegen soll, die zwar frei von allen „Reformfehlern“ der konzilaren Erneuerung sein mag, und dennoch als vollständig reformbedürftig im Sinne von Sacrosanctum Concilium gelten muss. Hätte Benedikt VXI nicht konsequenterweise den „1965 Ritus“ wiederbeleben müssen?
Von besonderem Interesse in der neuen Auflage dürfte der spanende Vergleich zwischen dem II. Hochgebet und seiner historischen Vorlage in der „Traditio Apostolica“ sein. Die Theologie der Einsetzungsworte arbeitet der Autor in einer nicht nur dogmatisch-historischen Perspektive, sondern auch in einem gelungenen ökumenischen Blickwinkel heraus. Für die Altkatholiken kommt es hierbei zur interessanten Feststellung, dass sie im ökumenischen Kontext, die einzigen seien, welche bezüglich der Kelchworte den römischen Sonderweg des „für alle“ mitgegangen sind und nach der römischen Wende nun allein dastehen werden. Alle, die sich für die historische und theologische Entwicklung der westlichen Liturgie, inklusive der mittelalterlichen und reformatorischen Debatten interessieren, sind mit dem vorliegenden Werk sehr gut beraten.
Confessiones
Persönliche Vorstellung von Frederik Herzberg
Ursprünglich stamme ich aus Frankfurt am Main, wo ich 1981 in eine evangelisch-lutherische Familie hineingeboren und am Nikolaustag getauft wurde. Nach dem Abitur studierte ich zunächst Mathematik und Philosophie in Bonn, wo ich 2003 das Diplom erwarb. Während meines Promotionsstudiums in Oxford fand ich 2004, nach der Lektüre von C.S. Lewis' „Mere Christianity“, neu zum christlichen Glauben und etwas später zur anglikanischen Kirche; nach meiner mathematischen Promotion begann ich 2006 mein nebenberufliches Theologiestudium. Heute arbeite ich an meiner theologischen Promotion (Praktische Theologie) an der Universität Aberdeen in Schottland.
2013 wurde ich von Bischof Gerhard Meyer (Reformierte Episkopalkirche/ REK) zum Diakon ordiniert. In der REK übte ich die Funktionen eines Ökumenereferenten und Bistumssekretärs aus. Anfang 2015 wurde ich zum Priester geweiht. An der Redaktion der beiden 2014 und 2015 erschienenen Ausgaben des Book of Common Prayer (Allgemeines Gebetbuch) in deutscher Sprache durfte ich mich ebenfalls federführend beteiligen. Zeitgleich zu meiner ehrenamtlichen Arbeit für die REK hatte ich auch eine Lizenz von Bischof David Hamid (Church of England) für den Dienst in der anglikanischen Gemeinde Düsseldorf erhalten. Diese besondere Konstellation war durch die gemeinsame Verbindung beider Kirchen zur Free Church of England möglich.
Die Christ-Katholische Kirche kenne ich seit 2012. Während des Gründungsgottesdienstes in der Münchner Trinitatiskirche durfte ich ein ökumenisches Grußwort sprechen. Ein Jahr später war ich Teil der Delegation der REK, die in Karlsstadt mit Primebischof Anthony Mikovsky (PNCC) zusammentraf. Durch diese persönlichen Begegnungen sowie durch die theologische Auseinandersetzung mit der Theologie und Spiritualität der Kirchenväter erwuchs in mir der Wunsch, innerhalb der Reformierten Episkopalkirche für eine altkirchliche Ausrichtung gemäß des altkatholisch-orthodoxen Konsensdokuments „Koinonia auf altkirchlicher Basis“ zu werben und eine Vereinigung mit der Christ-Katholischen Kirche theologisch vorzubereiten.
Nachdem dieses Anliegen zunächst innerhalb der REK scheiterte, musste ich mich zwischen der Loyalität zur anglikanischen Kirche einerseits und meiner gewachsenen theologischgeistlichen Identität andererseits entscheiden. Ich denke trotzdem gerne an meinen Dienst in der anglikanischen Kirche zurück und hoffe, dass die engen freundschaftlichen Verbindungen durch diesen Schritt nicht abreißen. Innerhalb der Christ-Katholischen Kirche möchte ich helfen, suchende Menschen auf ihrem Weg zu einem authentischen und heilbringenden Glaubensleben zu begleiten und freue mich auf den gemeinsamen Weg mit Euch!
Dr. Dr. habil. Frederik Herzberg war von 2007-2015 Juniorprofessor für Wirtschaftsmathematik an der Universität Bielefeld, seit 2015 ist er als Referent bei der Studienstiftung des deutschen Volkes in Bonn tätig. Er ist verheiratet und Vater eines Sohnes.
Zweimal Paris – Gedanken zu den Terroranschlägen und zur Weltklimakonferenz
„Jihad“, oder warum das Beste in uns gewinnen möge von Br. Maximiliens OPR über die Anschläge in Paris.
Paris, 13. November 2015. Stade de France, 21:20 Uhr. Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und Frankreich. Tausende von Zuschauern im französischen Nationalstadion, Millionen vor dem Fernseher. Alle haben es sich in ihren Fantrikots, mit Knabbereien und Getränken gemütlich gemacht. Es herrscht eine gute Stimmung, und der Satz Pierre de Coubertins klingt in jedem Kopf: Heute Abend möge der Beste gewinnen. Alle, die Spaß am Freundschaftsspiel haben, werden gewinnen. Möge der Beste gewinnen… .Ja, es möge das Beste im Menschen gewinnen.
Plötzlich eine Explosion, noch eine weitere, und dann die Entscheidung, das Spiel wird fortgesetzt, um Panikreaktionen der Fans zu vermeiden. Zur gleichen Zeit sät ein zweites Terrorkommando den Tod über die Straßen von Paris. Wer sich in westlicher Lebensart, zur falschen Zeit, am falschen Ort einen Drink mit Freunden erlaubt, hat einfach Pech gehabt. Ein drittes todeswütiges Kommando stürmt das dadurch weltberühmt gewordene Konzerthaus „Bataclan“.
Insgesamt 130 Tote, hunderte von Verletzten, und tausende von verängstigten Angehörigen. Alles im Namen Allahs? Es folgen Szenen, die man gefühlt schon tausendmal in den Nachrichten gesehen hat: Krankenwagen, Tote, Verletzte, Polizisten... Doch diesmal nicht in Bagdad oder Kabul, sondern mitten in Europa. Politik und Sicherheitskräfte reagieren reflexhaft und jagen den mutmaßlichen Organisator der Terrorzelle bis in den Tod.
Zu den schockierten Menschen in Frankreich gehören auch viele Muslime. Nie zuvor haben sich die muslimischen Verbände und Einrichtungen so klar in der Öffentlichkeit zu Wort gemeldet. Verschiedene Moscheen bieten Tage der offenen Tür an und stellen den Koran vor. Imame rufen dazu auf, die Angehörigen der Opfer, gleich welcher Religion, mit allen Mitteln zu unterstützen und die Verletzten in den Krankenhäusern zu besuchen. Die Stimmung, die sich jetzt entwickelt macht mich als Franzose stolz: Unabhängig von den politischen Lagern oder von den Medien entsteht eine Solidaritätswelle, welche bis heute andauert.
Doch blauäugig ist niemand. Vereinzelt gibt es auch Hass, hier und da wird ein Dönergeschäft nachts durch Steinewerfer angegriffen, Moscheen mit Kreuzen beschmiert, sogar ein totes Schweinchen findet man vor der Tür einer Moschee. Zu den Verwirrten gehörte auch ein christlicher Priester, welcher meinte die Opfer im Bataclan, seien aufgrund der dort gespielten Musik doch lediglich Teufelsanbeter gewesen, die bekommen hätten, worum sie gebeten hätten. Zurecht wurde der Priester all seiner Ämter enthoben. Wer solche Meinungen vertritt setzt sich an die Stelle eines Richters und argumentiert wie die Mörder.
Der muslimische Theologe Tariq Ramadan, veröffentlichte bereits vor den Anschlägen sein
Buch „De l’Islam et des Musulmans“ (vom Islam und den Muslimen), in welchem er das Wort „Jihad“ (der Weg) erläutert. Er schreibt, der Begriff fände sich 80 Mal in der muslimischen Tradition. In 79 Fällen davon, stünde er in einem friedlichen Kontext. Die Muslime würden dazu eingeladen, alles zu vermeiden, was sie von Gott entfremden könnte. Der Kampf sei im Inneren zu führen, in der Seele des Gläubigen. Dennoch wird das Wort auch einmal im Zusammenhang mit dem bewaffneten Kampf im Sinne von Notwehr erwähnt. Sowohl die Selbstverteidigung, als auch die Verteidigung des Vaterlandes könne als Jihad, als „heiliger Krieg“ bezeichnet werden. Der Terror des IS kann wohl kaum als „Jihad“ verstanden werden. Wendet er sich doch gegen die muslimischen Werte selbst. (Nebenbei sei daran erinnert, dass weltweit über 90% der Terroropfer Muslime sind.) Teilen Muslime, Christen und Juden nicht viele Werte miteinander? Und ist es nicht tatsächlich so, dass wer aus Hass einen einzelnen Menschen angreift, die ganze Gesellschaft attackiert? Ich glaube, die Solidarität untereinander zeigt, dass letztlich nicht Hass und Verachtung, sondern etwas Besseres im Menschen gewonnen hat.
Br. Maximiliens ist Franzose und lebt in der Abtei St. Severin Kaufbeuren.
Für eine Spiritualität der Nachhaltigkeit
Gedanken zur Weltklimakonferenz und zum Chanukka- Fest von Jens-Eberhard Jahn
Chanukka bedeutet „Einweihung“. Die katholischen und orthodoxen Christen haben die
Geschichte in den Makkabäer-Büchern ihrer Bibel stehen, feiern aber nicht Chanukka. Die Juden hingegen feiern Chanukka, allerdings findet sich die als apokryph geltende Geschichte dazu nicht in der Hebräischen Bibel. Das, worauf es in dieser Geschichte ankommt, ist kurz erzählt:
Nachdem im Makkabäer-Aufstand der Tempel zurück erobert werden konnte, wurden aus ihm die Götzen entfernt; der siebenarmige Leuchter sollte schließlich wieder im Heiligtum brennen. Doch leider war nicht genug Öl da um ihn anzuzünden. Man machte sich also daran, kultisch geeignetes Öl herzustellen. Dazu waren trotz gebotener Eile neun Tage vonnöten. Doch so lange wollte niemand warten – der Leuchter sollte sofort wieder brennen! Zum Glück fand man noch ein kleines Fläschchen kultisch geeignetes Öl, füllte das Öl in den Leuchter und entzündete ihn. Eigentlich eine unüberlegte, ungeduldige Handlung, denn dieses Öl war gerade mal genug für einen Tag. Und jetzt aber kommt das Wunder: Das Öl reicht ganze neun Tage – eben so lange, bis das neue Öl fertig und einsatzbereit war! Zur Erinnerung daran wird
Chanukka gefeiert, wird in den Wohnungen und Synagogen der neunarmige ChanukkaLeuchter entzündet: Am ersten Tag eine Kerze, am zweiten Tag die zweite – bis schließlich alle neun Kerzen brennen.
In der jüdischen Überlieferung im Talmud ist es vor allem dieses Lichtwunder, weniger der Befreiungskampf der Makkabäer, worauf es ankommt. Und ein Wunder scheint auch nötig, um das 2-Grad-Ziel beim Klimaschutz noch zu erreichen. In Paris wurde auf der Klimakonferenz gerade zur Chanukkazeit darüber beraten, wie das gehen soll. Die weitere Nutzung fossiler Energieträger verbietet sich wegen der Erderwärmung. Die Nutzung nachwachsender Energieträger muss wegen der Sicherung der Welternährung gut abgewogen werden. Energieeffizienz ist gefragt. Das kleine Ölfläschchen aus der Chanukka-Geschichte war überaus effizient. Öl, das normalerweise an nur einem Tag verbraucht wurde, reicht im Chanukkawunder neun Tage lang! Die Juden feiern im Dezember dieses Fest der Nachhaltigkeit.
Im Vertrauen auf Gottes Hilfe sollten auch wir uns widerstandsfähig machen gegen den
Mangel an Energieträgern. Wir müssen dabei neue Technologien nutzen und vor allem aber
Energie einsparen. Was wir heute an einem Tag an Energie benötigen, das muss künftig neun
Tage lang reichen können. Es wäre gut, wenn auch uns diese Botschaft aus den MakkabäerBüchern und aus der Pariser Klimakonferenz erreichen könnte. Das Bemühen um einen möglichst geringen Rohstoff- und Energieverbrauch bezeichnet man als „Suffizienz“. Suffizienz geht uns alle an. Und Suffizienz ist eine der vielen Botschaften von Chanukka.
Eine weitere: Vor dem Lichtwunder wurde der Tempel von den Götzen gereinigt. Erst danach war das Lichtwunder möglich. Und so ist es auch heute: In den „entwickelten“ Ländern leben wir, als ob uns drei Planeten Erde zur Verfügung stehen würden. Wir leben in dem Glauben an ewiges Wirtschaftswachstum in einer begrenzten Welt. Dieser Glaube aber, auch wenn er grün gefärbt daher kommt, widerspricht klar dem Ersten Gebot und vernebelt uns die Sinne! Erst wenn die heutigen Götzen entlarvt und vertrieben werden, erst wenn der Kaiser nackt dasteht, wird ein nachhaltiges Suffizienzwunder möglich sein. Möge das Öl, welches bisher an nur einem Tag verbraucht wurde, künftig für neun Tage genügen. Zeichnet sich dieses Wunder nicht schon dadurch ab, dass nahezu alle Staaten der Welt den Pariser Beschlüssen zustimmen konnten? Nachdenklich stimmt, dass auch in Zukunft, die Nuklearenergie als „saubere Energie“ gelten wird.
Ökumene
Die Altkatholische Kirche Österreichs hat einen neuen Bischof gewählt
Auf der Ordentlichen Synode 2015 in Klagenfurt wählte die Altkatholische Kirche Österreichs am 24. Oktober Dr. Heinz LEDERLEITNER zum neuen Bischof.
Er ist der Nachfolger von Bischof Mag. Dr. John E. OKORO, der gemäß der Kirchenverfassung sein Amt durch Pensionierung am 31. Dezember 2015 beendet. Die Weihe des neuen Bischofs soll am 13. Februar 2016 in Wien stattfinden. Lederleitner war bisher Pfarrer der Kirchengemeinde Krems/St. Pölten und unter anderem im Synodalrat, sowie als Leiter des Referates für den Religionsunterrichts tätig.
Christkatholischer Bischof der Schweiz Bischof Harald Rein wurde zum ehrenamtlichen Assistenzbischof für die Anglikaner in Europa ernannt
Lordbischof Dr. Robert Innes (Diözese von Gibraltar in Europa) ernannte am 21. Oktober 2015 in einem feierlichen Abendgottesdienst in der Kapelle St. Matthew/Westminster Abbey neben dem neuen hauptamtlichen Archdeacon Colin Williams für den östlichen Teil der Diözese und dem neuen «flying bishop» Norman Banks, auch den christkatholischen Bischof der Schweiz Dr. Harald Rein zum «Honorary Assistant Bishop für die Diözese Gibraltar der Kirche von England in Europa» Im Hinblick auf die seit 1931 bestehende Kirchengemeinschaft ist nicht die Ernennung neu, sondern deren nun begonnene Institutionalisierung, welche die Einheit zwischen Anglikanern und Altkatholiken in Europa stärken will.
Ehemaliger Priester der Nordisch-Katholischen Kirche wird in das römisch-katholische Bistum Oslo inkardiniert
Der ehemalige Priester der NKK Gemeinde Bergen Erik Holth wird nach einer dreijährigen Erprobungszeit in das römisch-katholische Bistum Oslo inkardiniert. Während in den vergangenen Jahren bereits mehrere ehemals röm.-kath. Priester in die NKK aufgenommen wurden, ist nun zum ersten Mal ein entsprechender Transformationsprozess auch in die andere Richtung abgeschlossen worden. Damit zeigt sich, dass in beiden Kirchen nicht nur das gleiche Amts- und Sakramentenverständnis besteht, sondern, dass dieses auch wechselseitig anerkannt wird und Neuordinationen von Geistlichen, welche einen Wechsel wünschen nicht notwendig sind.
Kräuterkolumne von P. Gerhard
DREI EDLE GEWÜRZE nicht nur für die kalte Jahreszeit!
SAFRAN (Crocus sativus, der „beruhigende Krokus“) ist so begehrt und kostenintensiv, dass sein Grammpreis den von Gold schon überstiegen hat.
Um 1 kg dieser Kostbarkeit zu erhalten, müssen die Pflücker bis zu 250.000 Narben (3 in jeder
Blüte) dieser Krokusart aus den Blüten herauslesen und behutsam trocknen. Das
Hauptanbaugebiet ist der Iran, gefolgt von Spanien. Aber auch in der Schweiz wird „HochlandSafran“ angebaut und vermarktet. Der Name „Safran“ kommt aus dem Arabischen und meint einfach „gelb sein“: Die Färbekraft des Gewürzes steht im Mittelpunkt des Interesses. In den deutschen Landen wurde im 15. Jahrhundert das Verschneiden von Safran mit Gelbwurz oder Saflor mit dem Tod auf dem Scheiterhaufen oder durch Vergraben bei lebendigem Leibe bestraft. Wem es wirklich nur um das Färben von Lebensmittel geht, kann sich mit Saflor, der Färberdistel und mit Ringelblumenblüten viel Geld sparen.
Aber es gehört ja mehr dazu. Safran hat ein intensives Aroma und einend durchdringend bitteren aber hocharomatischen Geschmack. Vor allem in der persischen Heilkunde ist er ein traditionelles Heilmittel bei Depressionen. 30 mg sind dabei die Tagesdosis, und 10 g sind tödlich. Safran wirkt also stimmungsaufhellend. Darüber hinaus ist er blutdrucksenkend, hilft bei Kopfschmerzen, Masern, Gicht und steigert die sexuelle Anziehungskraft.
Eine kletternde Orchidee aus den Regenwäldern Mittelamerikas, deren grüne Schotenfrüchte, den Bohnen nicht unähnlich, drei Jahre benötigen um zu reifen, begeistert mit ihrem unwiderstehlichen Aroma: von der VANILLE (Vanilla planifolia) ist jetzt die Rede. Azteken nutzten Vanille Jahrhunderte lang als Huldigungsgabe für den Gottkönig und als Gewürz für ihren Schokoladentrunk. Profitgeile Konquistatoren versuchten, sie anderswo in großem Stil anbauen.
Ein Fehlschlag. Letztendlich waren die Franzosen die Gewinner dieses Ansinnens. Ein belgischer Botaniker hatte beobachtet, dass die Orchidee von bestimmten Bienen und Kolibris bestäubt wurde. In ihm reifte die Idee der Handbestäubung, und siehe da: das funktionierte. Auf La Réunion und Madagaskar, den beiden Inseln im indischen Ozean, wird seitdem mit der Bourbon-Vanille die beste Art überhaupt angebaut. Der weiche, duftende und süße Geschmack mit einem leichten tabakartigen Flair wirkt Fieber senkend, gegen Impotenz. Vanille ist ein wirksames Aphrodisiakum und in der Küche verströmt sie ihr Aroma nicht nur in Süßspeisen aller Art. In Würzmischungen hilft sie den Geschmack der beteiligten Substanzen hervorzuheben.
Synthetisch hergestelltes Vanillin, erstmals 1874 hergestellt, ist auf „neu-deutsch“ gesagt ein absolutes „No-go“!
Nicht von ungefähr ist der mit Ingwer, Galgant und Kurkuma verwandte KARDAMOM (Elettaria cardamomum) als „König der Gewürze“ bekannt. Wie ein buschiger Bambus aussehend bringt die seit über 1000 Jahren auf den fruchtbaren Hügeln Keralas im Südwesten Indiens angebaute Pflanze grüne knittrige Furchtkapseln hervor. Diese werden noch unreif geerntet. Ebenda ist Kardamom ein unverzichtbarer Bestandteil der Reiszubereitung und vieler Gewürzmischungen. In der arabischen Welt wird mit den Samen Kaffee und Tee parfümiert. In Europa – speziell in Deutschland und Schweden – würzt er Backwaren und sauer eingelegtes Gemüse und Spirituosen. Schon die alten Griechen und Römer schätzten die Samenkörnchen als Mittel gegen schlechten Atem, Halsschmerzen, Husten und Magenschmerzen. Blähungen werden mit Kardamom bekämpft und außerdem lindert er die periphere arterielle Verschlusskrankheit, die unter dem Namen „Schaufensterkrankheit“